Die Meistersinger von Nürnberg 1 VORSPIEL ERSTER AKT 1 Erste Szene 1 Das Innere der Katharinenkircbe in schräem Durchschnitt In dem Hauptschiff sind nur noch die letzten Reihen der Kirchenstuhlbäke sichtbar: den Vordergrund nimmt der freie Raum vor dem Chor ein (In der letzten Reihe der Kirchenstühle sitzen Eva und Magdalene; Walther von Stolzing steht in einiger Entfernung zur Seite an eine Säule gelehnt die Blicke auf Eva heftend) ( ) CHORAL DER GEMEINDE Da zu dir der Heiland kam willig seine Taufe nahm weihte sich dem Opfertod gab er uns des Heils Gebot daß wir durch sein' Tauf uns weih n seines Opfers wert zu sein Edler Täufer Christs Vorläufer Nimm uns gnädig an dort am Fluß Jordan (Die Gemeinde verläßt die Kirche; Eva Magdalene und Walther bleiben zurück) ( ) ( ) Verweilt - Ein Wort - Ein einzig Wort (zu Magdalene) Mein Brusttuch Schau Wo liegt's im Ort ( ) MAGDALENE Vergeßlich Kind Nun heißt es: such (Sie kehrt zu den Bänken zurück) ( ) Fräulein Verzeiht der Sitte Bruch Eines zu wissen Eines zu fragen was müßt ich nicht zu brechen wagen Ob Leben oder Tod Ob Segen oder Fluch Mit einem Worte sei mir's vertraut: - mein Fräulein sagt
Die Meistersinger von Nürnberg 2 MAGDALENE Hier ist das Tuch O weh Die Spange MAGDALENE Fiel sie wohl ab (Sie geht wieder zurück) ( ) (leise doch feurig zu Eva) Ob Licht und Lust oder Nacht und Tod Ob ich erfahr wonach ich verlange ob ich vernehme wovor mir graut: - Mein Fräulein sagt ( ) MAGDALENE (kommt wieder zurück) Da ist auch die Spange Komm Kind Nun hast du Spang und Tuch O weh da vergass ich selbst mein Buch (geht nochmals fort) ( ) ( ) Dies eine Wort Ihr sagt mir's nicht Die Silbe die mein Urteil spricht Ja oder nein - Ein flücht'ger Laut: mein Fräulein sagt seid Ihr schon Braut MAGDALENE (wieder zurückgekehrt verneigt sich vor Walther) Sieh da Herr Ritter Wie sind wir hochgeehrt: Mit Evchens Schutze habt Ihr Euch gar beschwert Darf den Besuch des Helden ich Meister Pogner melden ( ) (bitter leidenschaftlich) O betrat ich doch nie sein Haus ( ) MAGDALENE Ei Junker Was sagt Ihr da aus In Nürnberg eben nur angekommen wart Ihr nicht freundlich aufgenommen Was Küch und Keller Schrein und Schrank Euch bot verdient es keinen Dank
Die Meistersinger von Nürnberg 3 Gut Lenchen Ach Das meint er ja nicht Doch von mir wohl wünscht er Bericht - wie sag ich's schnell Versteh ich's doch kaum Mir ist als wär ich gar wie im Traum - Er frägt - ob ich schon Braut MAGDALENE Hilf Gott Sprich nicht so laut Jetzt laß uns nach Hause geh n; - wenn uns die Leut hier she n Nicht eh'r bis ich Alles weiss s ist leer die Leut sind fort MAGDALENE Drum eben wird mir heiß Herr Ritter an andrem Ort (David tritt aus der Sakristei ein und macht sich darüber die schwarzen Vorhänge zu schließen) ( ) Nein Erst dies Wort (dringend) Dies Wort ( ) MAGDALENE (die sich bereits umgewendet erblickt David hält an und zärtlich für sich) David Ei David hier ( ) (dringend) Was sag ich Sag du's mir ( ) MAGDALENE (zerstreut öfter nach David sich umsehend) Herr Ritter was Ihr die Jungfer fragt das ist so leichtlich nicht gesagt Fürwahr ist Evchen Pogner Braut ( ) (lebhaft unterbrechend) Doch hat noch keiner den Bräut'gam erschaut ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 4 MAGDALENE Den Bräut'gam wohl noch niemand kennt bis morgen ihn das Gericht ernennt das dem Meistersinger erteilt den Preis Und selbst die Braut ihm reicht das Reis Dem Meistersinger (bang) Seid Ihr das nicht ( ) Ein Werbgesang MAGDALENE Vor Wettgericht Den Preis gewinnt MAGDALENE Wen die Meister meinen Die Braut dann wählt (sich vergessend) Euch oder keinen (Walther wendet sich in großer Erregung auf und ab gehend zur Seite) ( ) ( ) MAGDALENE (sehr erschrocken) Was Evchen Evchen Bist du von Sinnen ( ) Gut' Lene Laß mich den Ritter gewinnen MAGDALENE Sahst ihn doch gestern zum ersten Mal Das eben schuf mir so schnelle Qual daß ich schon längst ihn im Bilde sah Sag trat er nicht ganz wie David nah
Die Meistersinger von Nürnberg 5 MAGDALENE Bist du toll Wie David Wie David im Bild MAGDALENE Ach - meinst du den König mit der Harfen und langem Bart in der Meister Schild Nein Der dess Kiesel den Goliath warfen das Schwert im Gurt die Schleuder zur Hand das Haupt von lichten Locken umstrahlt wie ihn uns Meister Dürer gemalt MAGDALENE (laut seufzend) Ach David David ( ) DAVID (der hinausgegangen und jetzt wieder zurückkommt ein Lineal im Gürtel und ein großes Stück weißer Kreide an einer Schnur schwenkend) Da bin ich Wer ruft ( ) MAGDALENE Ach David Was Ihr für Unglück schuft (für sich) Der liebe Schelm Wüßt er's noch nicht (laut) Ei seht da hat er uns gar verschlossen ( ) ( ) DAVID (zärtlich zu Magdalene) Ins Herz Euch allein ( ) MAGDALENE (beiseite) Das treue Gesicht - (laut) Ei sagt Was treibt Ihr hier für Possen ( ) ( ) DAVID Behüt es Possen Gar ernste Ding Für die Meister hier richt ich den Ring MAGDALENE Wie Gäb es ein Singen
Die Meistersinger von Nürnberg 6 DAVID Nur Freiung heut : Der Lehrling wird da losgesprochen der nichts wider die Tabulatur verbrochen: Meister wird wen die Prob nicht reut ; MAGDALENE Da wär der Ritter ja am rechten Ort - Jetzt Evchen komm Wir müssen fort (schnell zu den Frauen sich wendend) Zu Meister Pogner laßt mich euch geleiten ( ) MAGDALENE Erwartet den hier er ist bald da Wollt Ihr Evchens Hand erstreiten rückt Zeit und Ort das Glück Euch nah - (Zwei Lehrbuben kommen dazu und tragen Bänke herbei) Jetzt eilig von hinnen ( ) Was soll ich beginnen MAGDALENE Laßt David Euch lehren die Freiung begehren - Davidchen Hör mein lieber Gesell: den Ritter hier bewahr mir wohl zur Stell Was Fein's aus der Küch bewahr ich für dich und morgen begehr du noch dreister wird hier der Junker heut Meister (Sie drängt Eva zum Fortgehen) ( ) (zu Walther) Sch ich Euch wieder ( ) (sehr feurig) Heut abend gewiß Was ich will wagen wie könnt ich's sagen Neu ist mein Herz neu mein Sinn neu ist mir Alles was ich beginn Eines nur weiß ich Eines begreif ich: ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 7 mit allen Sinnen Euch zu gewinnen Ist's mit dem Schwert nicht muß es gelingen gilt es als Meister Euch zu ersingen Für Euch Gut und Blut Für Euch Dichters heil'ger Mut (warm) Mein Herz sel'ger Glut für Euch iebesheil'ge Hut ( ) MAGDALENE Schnell heim Schnell heim Sonst geht's nicht gut Sonst geht's nicht gut DAVID (der Walther verwunderungsvoll gemessen) Gleich Meister Oho Viel Mut ( ) (Magdalene zieht Eva durch die Vorhänge nach sich fort Walther wirft sich aufgeregt und brütend in einen erhöhten kathederartigen Lehnstuhl den zuvor zwei Lehrbuben von der Wand mehr nach der Mitte zu gerückt haben) ( ) Zweite Szene 2 (Noch mehrere Lehrbuben sind eingetreten: sie tragen und stellen Bänke und richten alles zur Sitzung der Meistersinger her) ( ) ZWEITER LEHRBUBE David Was stehst 2 ERSTER LEHRBUBE Greif ans Werk 1 ZWEITER LEHRBUBE Hilf uns richten das Gemerk 2 DAVID Zu eifrigst war ich vor euch Allen; schafft nun für euch hab ander Gefallen ALLE LEHRBUBEN Was der sich dünkt Der Lehrling Muster
Die Meistersinger von Nürnberg 8 Das macht weil sein Meister ein Schuster Beim Leisten sitzt er mit der Feder Beim Dichten mit Draht und Pfriem Sein Verse schreibt er auf rohes Leder Das - dächt ich - gerbten wir ihm (Sie machen sich lachend an die fernere Herrichtung) ( ) DAVID (nachdem er den sinnenden Ritter eine Weile betrachtet ruft sehr stark) Fanget an ( ) (verwundert aufblickend) Was soll's ( ) DAVID (noch stärker) Fanget an - So ruft der Merker : nun sollt Ihr singen Wißt Ihr das nicht ( ) Wer ist der Merker DAVID Wißt Ihr das nicht Wart Ihr noch nie bei 'nem Singgericht Noch nie wo die Richter Handwerker DAVID Seid Ihr ein Dichter (craftsmen) Wär ich's doch DAVID Seid Ihr ein Singer Wüßt ich's noch DAVID Doch "Schulfreund" wart Ihr und "Schüler" zuvor Das klingt mir alles fremd vorm Ohr
Die Meistersinger von Nürnberg 9 DAVID Und so grad hin wollt Ihr Meister werden Wie machte das so große Beschwerden DAVID O Lene Lene Wie Ihr doch tut DAVID O Magdalene Ratet mir gut DAVID Mein Herr Der Singer Meisterschlag gewinnt sich nicht an einem Tag In Nüremberg der größte Meister mich lehrt die Kunst Hans Sachs; schon voll ein Jahr mich unterweist er daß ich als Schüler wachs Schuhmacherei und Poeterei die lern ich da alleinerlei; hab ich das Leder glatt geschlagen lern ich Vokal und Konsonanz sagen; wichst ich den Draht erst fest und steif was sich dann reimt ich wohl begreif den Pfriemen schwingend im Stich die Ahl was stumpf was klingend was Maß was Zahl - den Leisten im Schurz was lang was kurz was hart was lind hell oder blind was Waisen was Milben was Klebsilben was Pausen was Körner was Blumen was Dörner - das Alles lernt ich mit Sorg und Acht: wie weit nun meint Ihr daß ich's gebracht (Scholar) (mesaure) (number) Wohl zu 'nen Paar recht guter Schuh -
Die Meistersinger von Nürnberg 10 DAVID Ja dahin hat's noch gute Ruh Ein "Bar" hat manch Gesätz und Gebänd wer da gleich die rechte Regel fänd - die richt'ge Naht und den rechten Draht mit gut gefügten Stollen den Bar recht zu versohlen Und dann erst kommt der Abgesang daß er nicht kurz und nicht zu lang und auch keinen Reim enthält der schon im Stollen gestellt Wer alles das merkt weiß und kennt wird doch immer noch nicht Meister genennt (aftersong) (stanza) (Master) Hilf Gott Will ich denn Schuster sein In die Singkunst lieber führ mich ein DAVID Ja - hätt ich's nur selbst schon zum Singer gebracht Wer glaubt wohl was das für Mühe macht Der Meister Tön und Weisen gar viel an Nam und Zahl die starken und die leisen wer die wüßte allzumal Der kurze lang und überlang Ton die Schreibpapier - Schwarz-tinten -weis der rote blau und grüne Ton; die Hageblüh - Strohhalm - Fenchel -weis der zarte der süße der Rosen -ton; der kurzen Liebe der vergess'ne Ton die Rosmarin - Gelbveiglein -weis die Regenbogen - die Nachtigall -weis'; die englische Zinn - die Zimmtröhren -weis frisch Pomeranzen - grün Lindenblüh -weis; die Frösch - die Kälber - die Stieglitz -weis' die abgeschied ne Vielfraß - weis der Lerchen - der Schnekken - der Beller -ton; die Melissenblümlein - die Meiran -weis' Gelblöwenhaut - treu Pelikan -weis'; die buntglänzende Draht -weis' (Singer) (tone) (melody) : Hilf Himmel Welch endlos Töne-Geleis
Die Meistersinger von Nürnberg 11 DAVID Das sind erst die Namen; Nun lernt sie singen recht wie die Meister sie gestellt Jed' Wort und Ton muß klärlich klingen wo steigt die Stimm und wo sie fällt; Fangt nicht zu hoch zu tief nicht an als es die Stimm erreichen kann Mit dem Atem spart daß er nicht knappt und gar am End Ihr überschnappt; Vor dem Wort mit der Stimme ja nicht summt nach dem Wort mit dem Mund auch nicht brummt Nicht ändert an Blum und Koloratur jed' Zierat fest nach des Meisters Spur Verwechseltet Ihr Ihr würdet gar irr; verlört Ihr Euch und kämt ins Gewirr: - wär' sonst Euch alles auch gelungen da hättet Ihr gar versungen - Trotz großem Fleiß und Emsigkeit ich selbst noch bracht es nicht so weit so oft ich's versuch und's nicht gelingt die Knieriem-Schlag -weis' der Meister mir singt Wenn dann Jungfer Lene nicht Hilfe weiß Sing ich die eitel Brot- und Wasser -weis' Nehmt Euch ein Beispiel dran und laßt vom Meisterwahn Denn Singer und Dichter müßt Ihr sein Eh Ihr zum Meister kehret ein (knee-strap stroke) ( ) (Master) (Master) (Singer) (Poet) LEHRBUBEN David Wer ist nun "Dichter" LEHRBUBEN (bei der Arbeit) David Kommst her ( ) DAVID Wartet nur Gleich - (zu Walther) Wer "Dichter" wär' Habt Ihr zum Singer Euch aufgeschwungen und der Meister Töne richtig gesungen; fügtet Ihr selbst nun Reim und Wort daß sie genau an Stell und Ort paßten zu eines Meisters Ton dann trügt Ihr den Dichterpreis davon ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 12 LEHRBUBEN He David Soll man's dem Meister klagen Wirst dich bald deines Schwatzens entschlagen DAVID Oho jawohl Denn helf ich euch nicht ohne mich wird alles doch falsch gericht't (zu David) Nur dies noch- - wer wird "Meister" genannt ( ) (Master) DAVID Damit Herr Ritter ist's so bewandt: - der Dichter der aus eignem Fleiße zu Wort und Reimen die er erfand aus Tönen auch fügt eine neue Weise: der wird als Meistersinger erkannt (Mastersinger) So bleibt mir einzig der Meister-Lohn Muß ich singen kann's nur gelingen find ich zum Vers auch den eignen Ton DAVID (zu den Lehrbuben) Was mach Ihr denn da Ja fehl ich beim Werk Verkehrt nur richtet ihr Stuhl und Gemerk Ist denn heut Singschul' Dass ihr's wißt Das kleine Gemerk Nur Freiung ist DIE LEHRBUBEN (während der Arbeit) Aller End ist doch David der Allergescheit'st; nach hohen Ehren ganz sicher er geizt s ist Freiung heut gewiss er freit; als vornehmer Singer er schon sich spreizt Die Schlagreime fest er inne hat arm-hunger -weise singt er glatt Doch die harte-tritt -weise die kennt er am best die trat ihm der Meister hart und fest (Sie lachen) DAVID Ja lacht nur zu Heut bin ich's nicht Ein andrer stellt sich zum Gericht; der war nicht Schüler ist nicht Singer ( ) (song-school) (trial) ( ) ; (blow) (poor and hungry) (hard kick) ( ) (Scholar) (Singer)
Die Meistersinger von Nürnberg 13 den Dichter - sagt er - überspring' er; denn er ist Junker und mit einem Sprung er denkt ohne weitre Beschwerden heut hier Meister zu werden Drum richtet nur fein das Gemerk dem ein Dorthin Hierher Die Tafel an die Wand so daß sie recht dem Merker zur Hand (zu Walther) Ja ja dem Merker Wird Euch wohl bang Vor ihm schon mancher Werber versang Sieben Fehler gibt er Euch vor die merkt er mit Kreide dort an: wer über sieben Fehler verlor hat versungen und ganz vertan Nun nehmt Euch in Acht: Der Merker wacht Glück auf zum Meistersingen Mögt Euch das Kränzlein erschwingen Das Blumenkränzlein aus Seiden fein wird das dem Herrn Ritter beschieden sein (Poet) (Master) ( ) (Marker) DIE LEHRBUBEN (welche zu gleicher Zeit das Gemerk geschlossen haben lassen sich an und tanzen einen verschlungenen Reigen um dasselbe) Das Blumenkränzlein aus Seiden fein wird das dem Herrn Ritter beschieden sein usw ( ) (Die Einrichtung ist nun folgendermaßen beendigt: Zur Seite rechts sind gepolsterte Bänke in der Weise aufgestellet das sie einen schwachen Hhalbkreis nach der Mitte zu bilden Am Ende der Bänke in der Mitte der Bühne befindet sich das Gemerk benannte Gerüst Zur linken Seite steht nun der erhöhte kathederartige Stuhl (der Singstuhl ) der Versammlung gegenüber Im Hintergrunde den großen Vorhang entlang steht eine lange niedere Bank für die Lehrlinge Walther verdriesslich über das Gespött der Knaben hat sich auf die vordere Bank niedergelassen) ( (Singer) ) Dritte Szene 3 POGNER (zu Beckmesser) Seid meiner Treue wohl versehen was ich bestimmt ist Euch zu Nutz: ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 14 im Wettgesang müsst Ihr bestehen wer böte Euch als Meister Trutz Doch wollt Ihr von dem Punkt nicht weichen der mich - ich sag's - bedenklich macht: kann Evchens Wunsch den Werber streichen was nützt mir meine Meister-Pracht POGNER Ei sagt ich mein vor allen Dingen sollt Euch an dem gelegen sein Könnt Ihr der Tochter Wunsch nicht zwingen wie möchtet Ihr wohl um sie frein Ei ja Gar wohl Drum eben bitt ich daß bei dem Kind Ihr für mich sprecht wie ich geworben zart und sittig und wie Beckmesser grad Euch recht POGNER Das tu ich gern (beiseite) Er läßt nicht nach Wie wehrt ich da 'nem Ungemach ( ) (der als er Pogner gewahrt aufgestanden und ihm entgegengegangen ist verneigt sich vor ihm) Gestattet Meister ( ) POGNER Wie mein Junker Ihr sucht mich in der Singschul hie (Sie wechseln die Begrüßungen) (Song-school) ( ) (beiseite für sich) Verstünden's die Fraun; doch schlechtes Geflunker gilt ihnen mehr als all' Poesie ( ) Hier eben bin ich am rechten Ort: gesteh ich's frei vom Lande fort was mich nach Nürnberg trieb war nur zur Kunst die Lieb
Die Meistersinger von Nürnberg 15 Vergaß ich's gestern Euch zu sagen heut muss ich's laut zu künden wagen: ein Meistersinger möcht ich sein Schließt Meister in die Zunft mich ein (Kunz Vogelgesang und Konrad Nachtigall sind eingetreten) (Mastersinger) (guild) ( ) POGNER (freudig zu den Hinzutretenden) Kunz Vogelgesang Freund Nachtigall Hört doch welch ganz besondrer Fall: der Ritter hier mir wohl bekannt hat der Meisterkunst sich zugewandt (Vorstellungen und Begrüßungen) ( ) ( ) (für sich) Noch such ich's zu wenden; doch sollt's nicht gelingen versuch ich des Mädchens Herz zu ersingen: in stiller Nacht von ihr nur gehört erfahr ich ob auf mein Lied sie schwört (Er wendet sich) Wer ist der Mensch - ( ) ( ) POGNER (zu Walther) Glaubt wie mich's freut Die alte Zeit dünkt mich erneut ( ) (für sich) Er gefällt mir nicht ( ) POGNER (fortfahrend) Was Ihr begehrt so viel an mir sei's Euch gewährt ( ) Was will er hier Wie der Blick ihm lacht POGNER Half ich Euch gern bei des Gut's Verkauf in die Zunft nun nehm ich Eudi gleich gern auf Holla Sixtus Auf den hab Acht
Die Meistersinger von Nürnberg 16 (zu Pogner) Habt Dank der Güte aus tiefstem Gemüte Und darf ich denn hoffen Steht heut mir noch offen zu werben um den Preis daß Meistersinger ich heiss ( ) Oho Fein sacht Auf dem Kopf steht kein Kegel POGNER Herr Ritter dies geh nun nach der Regel Doch heut ist Freiung; ich schlag Euch vor: mir leihen die Meister ein willig Ohr (Die Meistersinger sind nun alle angelangt zuletzt auch Hans Sachs) ( ) Gott grüß Euch Meister VOGELGESANG Sind wir beisammen Der Sachs ist ja da NACHTIGALL So ruft die Namen KOTHNER (zieht eine Liste hervor stellt sich zur Seite auf und ruft laut:) Zu einer Freiung und Zunftberatung ging an die Meister ein' Einladung: bei Nenn' und Nam' ob jeder kam ruf ich nun auf als letzt-entbot'ner der ich mich nenn' und bin Fritz Kothner - Seid Ihr da Veit Pogner ( ) POGNER (setzt sich) - Hier zur Hand ( ) KOTHNER Kunz Vogelgesang
Die Meistersinger von Nürnberg 17 VOGELGESANG (Setzt sich) Ein sich fand ( ) KOTHNER Hermann Ortel ORTEL (Setzt sich) Immer am Ort ( ) KOTHNER Balthasar Zorn ZORN (Setzt sich) Bleibt niemals fort ( ) KOTHNER Konrad Nachtigall NACHTIGALL (Setzt sich) Treu seinem Schlag ( ) KOTHNER Augustin Moser MOSER (Setzt sich) Nie fehlen mag ( ) KOTHNER Niklaus Vogel Schweigt EIN LEHRBUBE (von der Bank aufstehend) Ist krank ( ) KOTHNER Gut Bess'rung dem Meister ALLE MEISTER Walt's Gott DER LEHRBUBE Schön' Dank (Er setzt sich wieder) ( ) KOTHNER
Die Meistersinger von Nürnberg 18 Hans Sachs DAVID Da steht er (drohend zu David) Juckt dich das Fell - Verzeiht Meister - Sachs ist zur Stell (Er setzt sich) ( ) ( ) KOTHNER Sixtus Beckmesser Immer bei Sachs daß den Reim ich lern von "blüh' und wachs- (Sachs lacht) (bloom) (wax) ( ) KOTHNER Ulrich Eißlinger EISSLINGER (Setzt sich) Hier ( ) KOTHNER Hans Foltz FOLTZ (Setzt sich) Bin da () KOTHNER Hans Schwarz SCHWARZ (Setzt sich) Zuletzt: Gott wollt's ( ) KOTHNER Zur Sitzung gut und voll die Zahl Beliebt's wir schreiten zur Merkerwahl VOGELGESANG Wohl eh'r nach dem Fest (Marker) (zu Kothner) ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 19 Pressiert's den Herrn Mein Stell und Amt lass ich ihm gern POGNER Nicht doch ihr Meister; lasst das jetzt fort Für wicht'gen Antrag bitt ich ums Wort (Alle Meister stehen auf nicken Kothner zu und setzen sich wieder) ( ) KOTHNER Das habt Ihr; Meister sprecht POGNER Nun hört und versteht mich recht - Das schöne Fest Johannistag ihr wisst begehn wir morgen: auf grüner Au' am Blumenhag bei Spiel und Tanz im Lustgelag an froher Brust geborgen vergessen seiner Sorgen ein jeder freut sich wie er mag Die Singschulernst im Kirchenchor die Meister selbst vertauschen; mit Kling und Klang hinaus zum Tor auf offne Wiese ziehn sie vor; bei hellen Festes Rauschen das Volk sie lassen lauschen dem Freigesang mit Laienohr Zu einem Werb- und Wettgesang gestellt sind Siegespreise und beide preist man weit und lang die Gabe wie die Weise Nun schuf mich Gott zum reichen Mann; und gibt ein jeder wie er kann so musste ich wohl sinnen was ich gäb zu gewinnen daß ich nicht käm zu Schand: so hört denn was ich fand In deutschen Landen viel gereist hat oft es mich verdrossen daß man den Bürger wenig preist ihn karg nennt und verschlossen An Höfen wie an niedrer Statt des bittren Tadels ward ich satt daß nur auf Schacher und Geld sein Merk der Bürger stellt Daß wir im weiten deutschen Reich die Kunst einzig noch pflegen dran dünkt ihnen wenig gelegen Doch wie uns das zur Ehre gereich (laymen) (Free Singings )
Die Meistersinger von Nürnberg 20 und daß mit hohem Mut wir schätzen was schön und gut was wert die Kunst und was sie gilt das ward ich der Welt zu zeigen gewillt; drum hört Meister die Gab die als Preis bestimmt ich hab Dem Singer der im Kunstgesang vor allem Volk den Preis errang am Sankt-Johannis-Tag sei er wer er auch mag dem geb ich ein Kunst-Gewogner von Nürenberg Veit Pogner mit all meinem Gut wie's geh und steh Eva mein einzig Kind zur Eh' DIE MEISTER (sehr lebhaft durcheinander) Das heißt ein Wort ein Wort ein Mann Da sieht man was ein Nürnberger kann Drob preist man Euch noch weit und breit Euch den wackren Bürger Pogner Veit ( ) VOGELGESANG Wer möchte da nicht ledig sein DIE LEHRBUBEN (lustig aufspringend) Alle Zeit Weit und breit Pogner Veit Sein Weib gäb mancher gern wohl drein KOTHNER Auf ledig Mann jetzt macht euch 'ran ( ) POGNER Nun hört noch wie ich's ernstlich mein Ein' leblos Gabe geb ich nicht; ein Mägdlein sitzt mit zum Gericht: den Preis erkennt die Meisterzunft; doch gilt's der Eh' so will's Vernunft daß ob der Meister Rat die Braut den Ausschlag hat (zu Kothner) Dünkt Euch das klug ( ) KOTHNER (laut) Versteh ich gut ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 21 Ihr gebt uns in des Mägdleins Hut Gefährlich das KOTHNER Stimmt es nicht bei wie wäre dann der Meister Urteil frei Laßt's gleich wählen nach Herzens Ziel und laßt den Meistergesang aus dem Spiel POGNER Nicht so Wie doch Versteht mich recht Wem ihr Meister den Preis zusprecht die Maid kann dem verwehren doch nie einen andren begehren Ein Meistersinger muss er sein nur wen ihr krönt den soll sie frei'n Verzeiht vielleicht schon ginget ihr zu weit Ein Mädchenherz und Meisterkunst erglühn nicht stets in gleicher Brunst der Frauen Sinn gar unbelehrt; dünkt mich dem Sinn des Volks gleich wert Wollt ihr nun vor dem Volke zeigen wie hoch die Kunst ihr ehrt und lasst ihr dem Kind die Wahl zu eigen wollt nicht dass dem Spruch es wehrt so laßt das Volk auch Richter sein: mit dem Kinde sicher stimmt's überein (people) ALLE MEISTER (außer Sachs und Pogner) Oho Das Volk Ja das wäre schön Ade dann Kunst und Meister-Tön' ( ) KOTHNER Nein Sachs Gewiß das hat keinen Sinn Gäbt Ihr dem Volk die Regeln hin Vernehmt mich recht Wie ihr doch tut Gesteht ich kenn die Regeln gut; und daß die Zunft die Regeln bewahr bemüh ich mich selbst schon manches Jahr Doch einmal im Jahre fänd ich's weise
Die Meistersinger von Nürnberg 22 daß man die Regeln selbst probier ob in der Gewohnheit trägem Gleise ihr' Kraft und Leben nicht sich verlier Und ob ihr der Natur noch seid auf rechter Spur das sagt euch nur wer nichts weiss von der Tabulatur (Die Lehrbuben springen auf und reiben sich die Hände) ( ) Hei wie sich die Buben freuen (eifrig fortfahrend) Drum möcht' es euch nie gereuen daß jährlich am Sankt-Johannes-Fest statt daß das Volk man kommen läßt herab aus hoher Meisterwolk ihr selbst euch wendet zu dem Volk Dem Volke wollt ihr behagen; nun dächt ich läg es nah ihr ließt es selbst euch auch sagen ob das ihm zur Lust geschah Daß Volk und Kunst gleich blüh und wachs bestellt ihr so mein ich Hans Sachs ( ) (people) VOGELGESANG Ihr meint's wohl recht KOTHNER Doch steht's drum faul NACHTIGALL Wenn spricht das Volk halt ich das Maul KOTHNER Der Kunst droht allweil Fall und Schmach läuft sie der Gunst des Volkes nach Drin bracht er's weit der hier so dreist: Gassenhauer dichtet er meist POGNER Freund Sachs Was ich mein ist schon neu: zuviel auf einmal brächte Reu So frag ich ob den Meistern gefällt Gab' und Regel so wie ich's gestellt (Die Meister erheben sich beistimmend) ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 23 Mir genügt der Jungfer Ausschlagstimm (für sich) Der Schuster weckt doch stets mir Grimm ( ) KOTHNER Wer schreibt sich als Werber ein Ein Junggesell muss es sein Vielleicht auch ein Witwer Fragt nur den Sachs Nicht doch Herr Merker Aus jüngrem Wachs als ich und Ihr muss der Freier sein soll Evchen ihm den Preis verleihn Als wie auch ich - Grober Gesell KOTHNER Begehrt wer Freiung der komm zur Stell' Ist jemand gemeld't der Freiung begehrt POGNER Wohl Meister Zur Tagesordnung kehrt und nehmt von mir Bericht wie ich auf Meisterpflicht einen jungen Ritter empfehle der will daß man ihn wähle und heut als Meistersinger frei Mein Junker Stolzing - kommt herbei (Walther tritt hervor und verneigt sich) ( ) (beiseite) Dacht ich mir's doch Geht's da hinausveit - (laut) Meister ich mein zu spät ist's der Zeit DIE MEISTER Der Fall ist neu: - Ein Ritter gar Soll man sich freun - Oder wär' Gefahr Immerhin hat's ein gross Gewicht daß Meister Pogner für ihn spricht ( ) ( ) KOTHNER Soll uns der Junker willkommen sein
Die Meistersinger von Nürnberg 24 zuvor muss er wohl vernommen sein POGNER Vernehmt ihn wohl Wünsch ich ihm Glück nicht bleib ich doch hinter der Regel zurück Tut Meister die Fragen KOTHNER So mög uns der Junker sagen: Ist er frei und ehrlich geboren POGNER Die Frage gebt verloren da ich euch selbst dess Bürge steh daß er aus frei und edler Eh': von Stolzing Walther aus Frankenland nach Brief und Urkund mir wohlbekannt Als seines Stammes letzter Sp ross verließ er neulich Hof und Schloss und zog nach Nürnberg her daß er hier Bürger wär (zum Nachbarn) Neu-Junkerunkraut - tut nicht gut ( ) NACHTIGALL (laut) Freund Pogners Wort Genüge tut ( ) Wie längst von den Meistern beschlossen ist ob Herr ob Bauer hier nichts beschliesst; hier frägt sich's nach der Kunst allein wer will ein Meistersinger sein KOTHNER Drum nun frag ich zur Stell: welch Meister seid Ihr Gesell Am stillen Herd in Winterszeit wann Burg und Hof mir eingeschneit - wie einst der Lenz so lieblich lacht und wie er bald wohl neu erwacht - ein altes Buch vom Ahn vermacht gab das mir oft zu lesen: Herr Walther von der Vogelweid der ist mein Meister gewesen
Die Meistersinger von Nürnberg 25 Ein guter Meister Doch lang schon tot wie lehrt ihn der wohl der Regeln Gebot KOTHNER Doch in welcher Schul das Singen mocht Euch zu lernen gelingen Wann dann die Flur vom Frost befreit und wiederkehrt die Sommerszeit was einst in langer Wintersnacht das alte Buch mir kund gemacht das schallte laut in Waldes Pracht das hört ich hell erklingen: im Wald dort auf der Vogelweid da lernt ich auch das Singen Oho Von Finken und Meisen lerntet Ihr Meisterweisen Das wird denn wohl auch darnach sein VOGELGESANG Zwei art'ge Stollen faßt er da ein Ihr lobt ihn Meister Vogelgesang wohl weil vom Vogel er lernt den Gesang KOTHNER (beiseite zu den Meistern) Was meint ihr Meister frag ich noch fort Mich dünkt der Junker ist fehl am Ort ( ) Das wird sich bäldlich zeigen: wenn rechte Kunst ihm eigen und gut er sie bewährt was gilt's wer sie ihn gelehrt KOTHNER (zu Walther) Seid Ihr bereit ob Euch geriet mit neuer Find' ein Meisterlied nach Dicht' und Weis' eu'r eigen zur Stunde jetzt zu zeigen ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 26 Was Winternacht was Waldespracht was Buch und Hain mich wiesen was Dichtersanges Wundermacht mir heimlich wollt erschliessen; was Rosses Schritt beim Waffenritt was Reihentanz bei heitrem Schanz mir sinnend gab zu lauschen: gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen zu eignem Wort und eigner Weis' will einig mir es fliessen als Meistersang ob den ich weiss euch Meistern sich ergiessen Entnahmt ihr was der Worte Schwall VOGELGESANG Ei nun er wagt's NACHTIGALL Merkwürd'ger Fall KOTHNER Nun Meister Wenn's gefällt werd das Gemerk bestellt Wählt der Herr einen heil'gen Stoff Was heilig mir der Liebe Panier schwing und sing ich mir zu Hoff' (banner) KOTHNER Das gilt uns weltlich Drum allein Meister Beckmesser schliesst Euch ein (erhebt sich und schreitet wie widerwillig dem Gemerk zu) Ein saures Amt und heut zumal Wohl gibt's mit der Kreide manche Qual Herr Ritter wisst: Sixtus Beckmesser Merker ist; hier im Gemerk verrichtet er still sein strenges Werk ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 27 Sieben Fehler gibt er Euch vor die merkt er mit Kreide dort an: wenn er über sieben Fehler verlor dann versang der Herr Rittersmann Gar fein er hört; doch daß er Euch den Mut nicht stört säh't Ihr ihm zu so gibt er Euch Ruh ind schliesst sich gar hier ein - läßt Gott Euch befohlen sein (Er setzt sich im Gemerk streckt den Kopf höhnisch freundlich nickend heraus und verschwindet hinter dem eingezogenen Vorbange des Gemerks gänzlich Zwei Lehrbuben haben die an der Wand aufgehängte Tafel Leges Tabulaturae herabgenommen und halten sie Kothner vor; dieser liest daraus) ( Leges Tabulaturae ) KOTHNER Was Euch zum Liede Richt und Schnur vernehmt nun aus der Tabulatur (Er liest) "Ein jedes Meistergesanges Bar stell ordentlich ein Gemässe dar aus unterschiedlichen Gesätzen die keiner soll verletzen Ein Gesätz besteht aus zweenen Stollen die gleiche Melodei haben sollen; der Stoll aus etlicher Vers' Gebänd der Vers hat einen Reim am End Darauf so folgt der Abgesang der sei auch etlich Verse lang und hab sein' besondre Melodei als nicht im Stollen zu finden sei Derlei Gemässes mehre Baren soll ein jed' Meisterlied bewahren; und wer ein neues Lied gericht das über vier der Silben nicht eingreift in andrer Meister Weis' des Lied erwerb sich Meisterpreis" Nun setzt Euch in den Singestuhl (Tablature) ( ) (section) (stanza) (line) (aftersong) Hier - in den Stuhl KOTHNER Wie's Brauch der Schul (besteigt den Stuhl und setzt sich mit Widerstreben) ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 28 Für dichgeliebtesei's getan KOTHNER (laut) Der Sänger sitzt ( ) (unsichtbar im Gemerk sehr laut) Fanget an ( ) (nach einiger Sammlung) Fanget an So rief der Lenz in den Wald dass laut es ihn durchhallt: und wie in fern'ren Wellen der Hall von dannen flieht von weit her naht ein Schwellen das mächtig näher zieht Es schwillt und schallt es tönt der Wald von holder Stimmen Gemenge; nun laut und hell schon nah zur Stell wie wächst der Schwall Wie Glockenhall ertost des Jubels Gedränge Der Wald wie bald antwortet er dem Ruf der neu ihm Leben schuf: stimmte an das süsse Lenzeslied - (Man hört aus dem Gemerk unmutige Seufzer des Merkers und heftiges Anstreichen mit der Kreide Auch Walther hat es bemerkt; nach kurzer Störung fährt er fort) ( ) ( ) In einer Dornenhecken von Neid und Gram verzehrt musst er sich da verstecken der Winter Grimmbewehrt: von dürrem Laub umrauscht er lauert da und lauscht wie er das frohe Singen zu Schaden könnte bringen (Er steht vom Stuhle auf) Doch: fanget an - So rief es mir in die Brust als noch ich von Liebe nicht wusst ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 29 Da fühlt ich's tief sich regen als weckt es mich aus dem Traum; mein Herz mit bebenden Schlägen erfüllte des Busens Raum; Das Blut es wallt mit Allgewalt geschwellt von neuem Gefühle; aus warmer Nacht mit Übermacht schwillt mir zum Meer der Seufzer Heer in wildem Wonnegewühle Die Brust wie bald antwortet sie dem Ruf der neu ihr Leben schuf; stimmt nun an das hehre Liebeslied (der immer unruhiger geworden aufreissend) Seid Ihr nun fertig den Vorhang ( ) Wie fraget Ihr (Er hält die ganz mit Kreidestrichen bedeckte Tafel heraus) Mit der Tafel ward ich fertig schier (Die Meister brechen in ein Gelächter aus) ( ) ( ) Hört doch zu meiner Frauen Preis gelang ich jetzt erst mit der Weis' (das Gemerk verlassend) Singt wo Ihr wollt Hier habt Ihr vertan - Ihr Meister schaut die Tafel euch an: so lang ich leb ward's nicht erhört Ich glaubt's nicht wenn ihr's all auch schwört (Die Meister sind im Aufstand durcheinander) ( ) ( ) Erlaubt ihr's Meister dass er mich stört Blieb ich von Allen ungehört POGNER
Die Meistersinger von Nürnberg 30 Ein Wort Herr Merker Ihr seid gereizt Sei Merker fortan wer darnach geizt Doch dass der Junker hier versungen hat beleg ich erst noch vor der Meister Rat Zwar wird's 'ne harte Arbeit sein: wo beginnen da wo nicht aus noch ein von falscher Zahl und falschem Gebänd - schweig ich schon ganz und gar: zu kurz zu lang - wer ein End da fänd Wer meint hier im Ernst einen Bar Auf "blinde Meinung" klag ich allein: - Sagt konnt ein Sinn unsinniger sein (blind meaning) EINIGE MEISTER Man ward nicht klug ich muss gestehn Ein Ende konnte keiner ersehn Und dann die Weis' welch tolles Gekreis aus "Abenteuer Blau Rittersporn"-Weis' "Hoch-Tannen"- "Stolz-Jüngling-Ton" KOTHNER Ja ich verstand gar nichts davon (adventure) (larkspur) (high fir-tree) (proud youth) Kein Absatz wo kein Koloratur von Melodei auch nicht eine Spur DIE MEISTER (sind im wachsenden Aufstand begriffen) Wer nennt das Gesang Es ward einem bang Eitel Ohrgeschinder Auch gar nichts dahinter ( ) KOTHNER Und gar vom Singstuhl ist er gesprungen Wird erst auf die Fehlerprobe gedrungen oder gleich erklärt dass er versungen (der vom Beginn an Walther mit wachsendem Ernst zugehört schreitet vor) Halt Meister Nicht so geeilt Nicht jeder eure Meinung teilt - ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 31 Des Ritters Lied und Weise sie fand ich neu doch nicht verwirrt: verliess er unsre Gleise schritt er doch fest und unbeirrt Wollt ihr nach Regeln messen was nicht nach eurer Regeln Lauf der eignen Spur vergessen sucht davon erst die Regeln auf Aha schon recht Nun hört ihr's doch: den Stümpern öffnet Sachs ein Loch da aus und ein nach Belieben ihr Wesen leicht sie trieben - Singet dem Volk auf Markt und Gassen Hier wird nach den Regeln nur eingelassen (bungler) Herr Merker was doch solch ein Eifer Was doch so wenig Ruh Eu'r Urteil dünkt mich wäre reifer hörtet Ihr besser zu Darum so komm ich jetzt zum Schluss dass den Junker man zu End hören muss Der Meister Zunft die ganze Schul gegen den Sachs da sind wir Null Verhüt es Gott was ich begehr dass das nicht nach den Gesetzen wär Doch da nun steht geschrieben: "Der Merker werde so bestellt dass weder Hass noch Lieben das Urteil trübe das er fällt Geht er nun gar auf Freiers Füssen wie sollt er da die Lust nicht büssen den Nebenbuhler auf dem Stuhl zu schmähen vor der ganzen Schul (Walther flammt auf) ( ) NACHTIGALL Ihr geht zu weit KOTHNER Persönlichkeit POGNER (zu den Meistern) ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 32 Vermeidet Meister Zwist und Streit Ei Was kümmert doch Meister Sachsen auf was für Füssen ich geh Liess er doch lieber Sorge sich wachsen dass mir nichts drück' die Zeh Doch seit mein Schuster ein grosser Poet gar übel es um mein Schuhwerk steht: da seht wie's schlappt und überall klappt All seine Vers und Reim liess ich ihm gern daheim Historien Spiel und Schwänke dazu brächt er mir morgen die neuen Schuh Ihr mahnt mich da gar recht: doch schickt sich's Meister sprecht dass - find ich selbst dem Eseltreiber ein Sprüchlein auf die Sohl dem hochgelahrten Herrn Stadtschreiber ich nichts drauf schreiben soll Das Sprüchlein das Eu'r würdig sei mit all meiner armen Poeterei fand ich noch nicht zur Stund Doch wird's wohl jetzt mir kund wenn ich des Ritters Lied gehört: drum sing er nun weiter ungestört (Walther steigt in grosser Aufregung auf den Singstuhl und blickt stehend herab) ( ) DIE MEISTER Genug Zum Schluss Nicht weiter Zum Schluss (zu Walther) Singt dem Herrn Merker zum Verdruss ( ) (Er holt während Walther beginnt aus dem Gemerk die Tafel herbei und hält sie während des Folgenden von einem zum andern sich wendend zur Prüfung den Meistern vor die er schliesslich zu einem Kreis um sich zu vereinigen bemüht ist welchem er immer die Tafel zur Einsicht vorhält) ( ) Was sollte man da noch hören Wär's nicht euch zu betören
Die Meistersinger von Nürnberg 33 Jeden Fehler gross und klein seht genau auf der Tafel ein "Falsch Gebänd" - "Unredbare Worte" - "Klebsilben" - hier "Laster" gar "Aquivoca" "Reim am falschen Orte" "verkehrt" "verstellt" "der ganze Bar" Ein "Flickgesang" hier zwischen den Stollen "Blinde Meinung" allüberall "Unklare Wort- "Differenz" hie"schrollen" Da "falscher Atem- hier "Oberfall" Ganz unverständliche Melodei Aus allen Tönen ein Mischgebräu Scheutet ihr nicht das Ungemach Meister zählt mir die Fehler nach Verloren hätt er schon mit dem Acht doch so weit wie der hat's noch Keiner gebracht: wohl über Fünfzig schlecht gezählt Sagt ob ihr euch den zum Meister wählt DIE MEISTER (durcheinander) Jawohl so ist's; ich seh es recht: mit dem Herrn Ritter steht es schlecht Mag Sachs von ihm halten was er will hier in der Singschul schweig er still Bleibt einem Jeden doch unbenommen wen er sich zum Genossen begehrt Wär uns der erste Best' willkommen was blieben die Meister dann wert Hei wie sich der Ritter da quält Der Sachs hat sich ihn erwählt - Hahaha 's ist ärgerlich gar Drum macht ein End Auf Meister Stimmt und erhebt die Händ ( ) POGNER (für sich) jawohl ich seh's was mir nicht recht: mit meinem Junker steht es schlecht Weich ich hier der Übermacht mir ahnet dass mir's Sorge macht Wie gern säh ich ihn angenommen Als Eidam wär er mir gar wert: nenn ich den Sieger jetzt willkommen - wer weiss ob ihn mein Kind erwählt Gesteh ich's dass mich's quält ob Eva den Meister wählt ( ) (in übermütig verzweifelter Begeisterung hoch auf (
Die Meistersinger von Nürnberg 34 dem Singstuhl aufgerichtet und auf die unruhig durcheinander sich bewegenden Meister herabblickend) Aus finstrer Dornenhecken die Eule rauscht hervor tät rings mit Kreischen wecken der Raben heis'ren Chor: in nächt'gem Heer zu Hauf' wie krächzen all' da auf mit ihren Stimmen den hohlen die Elstern Krähen und Dohlen - Auf da steigt mit goldnem Flügelpaar ein Vogel wunderbar; sein strahlend hell Gefieder licht in den Lüften blinkt; schwebt selig hin und wieder zu Flug und Flucht mir winkt Es schwillt das Herz vor süssem Schmerz der Not entwachsen Flügel Es schwingt sich auf zum kühnen Lauf aus der Städte Gruft zum Flug durch die Luft dahin zum heim'schen Hügel dahin zur grünen Vogelweid Wo Meister Walther einst mich freit'; da sing ich heil und her der liebsten Frauen Ehr: auf dann steigt ob Meisterkräh'n ihm ungeneigt das stolze Liebeslied Ade ihr Meister hienied (Er verlässt mit einer stolz verächtlichen Gebärde den Stuhl und wendet sich rasch zum Fortgehen) ) (native) (Master-Crows) ( ) (beobachtet Walther entzückt) Ha welch ein Mut Begeistrungsglut - Ihr Meister schweigt doch und hört Hört wenn Sachs euch beschwört Herr Merker dort gönnt doch nur Ruh Lasst andre hören - gebt das nur zu Umsonst All eitel Trachten Kaum vernimmt man sein eignes Wort; des Junkers will keiner achten: das nenn ich Mut singt der noch fort Das Herz auf dem rechten Fleck: ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 35 ein wahrer Dichter-Reck Mach ich Hans Sachs wohl Vers und Schuh ist Ritter der und Poet dazu DIE LEHRBUBEN (sind von der Bank aufgestanden und nähern sich dem Gemerk um welches sie einen Ring schliessen und sich zum Reigen ordnen) Glückauf zum Meistersingen Mögt Ihr Euch das Kränzlein erschwingen; das Blumenkränzlein aus Seiden fein wird das dem Herrn Ritter beschieden sein ( ) (Master-singing) Nun Meister kündet's an (Die meisten heben die Händ aufe) ( ) DIE MEISTER Versungen und vertan (Alles geht in grosser Aufregung auseinander; lustiger Tumult der Lehrbuben welche sich des Gemerkes des Singstuhls und der Meisterbänke bemächtigen wodurch Gedräng und Durcheinander der nach dem Ausgang sich wendenden Meister entsteht - Sachs der allein im Vordergrund geblieben blickt noch gedankenvoll nach dem leeren Singstuhl; als die Lehrbuben auch diesen erlassen und Sachs darob mit humoristisch unmutiger Gebärde sich abwendet fällt der Vorhang) ( ) ZWEITER AKT 2 Erste Szene 1 Im Vordergrunde eine Strasse im Längendurchschnitt Sie wird in der Mitte von einer schmalen Gasse nach dem Hintergrunde zu krumm abbiegend durchschnitten wird so dass sich im Front zwei Eckhäuser darbieten von denen das eine reichere - rechts - das Haus Pogners das andere einfachere - links - das des Sachs ist Nahe an Pogners Haus steht eine dickstämmige Linde; vor dem Sachsens ein Fliederbaum - Heitrer Sommerabend; im Verlaufe der ersten Auftritte allmählich einbrechende Nacht (David ist darüber her die Fensterläden nach der Gasse zu von aussen zu schliessen Alle Lehrbuben tun das Gleiche bei andren Häusern) ( ) LEHRBUBEN
Die Meistersinger von Nürnberg 36 (während der Arbeit) Johannistag Johannistag Blumen und Bänder so viel man mag ( ) DAVID (leise für sich) "Das Blumenkränzlein aus Seiden fein möcht es mir balde beschieden sein ( ) MAGDALENE (ist mit einem Korbe am Arm aus Pogners Haus gekommen und sucht David unbemerkt sich zu nähern) Bst David ( ) DAVID Ruft ihr schon wieder Singt allein eure dummen Lieder LEHRBUBEN David was soll's Wärst nicht so stolz schaut'st besser um Wärst nicht so dumm "Johannistag Johannistag" Wie der nur die Jungfer Lene nicht kennen mag MAGDALENE David Hör doch Kehr dich zu mir DAVID Ach Jungfer Lene Ihr seid hier MAGDALENE (auf ihren Korb deutend) Bring dir was Gut's schau nur hinein das soll für mein lieb Schätzel sein Erst aber schnell wie ging's mit dem Ritter Du rietest ihm gut Er gewann den Kranz ( ) DAVID Ach Jungfer Lene Da steht's bitter: der hat versungen und ganz vertan MAGDALENE Versungen Vertan DAVID Was geht's Euch nur an MAGDALENE
Die Meistersinger von Nürnberg 37 (den Korb nach welchem David die Hand ausstreckt heftig zurückziehend) Hand von der Taschen Nichts zu naschen Hilf Gott - Unser Junker vertan (Sie geht mit Gebärden der Trostlosigkeit in das Haus zurück David sieht ihr verblüfft nach) ( ) ( ) DIE LEHRBUBEN (zuerst Magdalenes Stimme nachahmend) Heil Heil zur Eh'dem jungen Mann Wie glücklich hat er gefreit Wir hörten's all und sahen's an der er sein Herz geweiht für die er lässt sein Leben die hat ihm den Korb nicht gegeben ( ) DAVID (auffahrend) Was steht ihr hier faul Gleich haltet das Maul ( ) DIE LEHRBUBEN (um David tanzend) Johannistag Johannistag Da freit ein jeder wie er mag: der Meister freit der Bursche freit da gibt's Geschlamb und Geschlumbfer Der Alte freit die junge Maid der Bursche die alte Jumbfer Juchhei Juchhei Johannistag (David ist im Begriff wütend drein zu schlagen als Sachs der aus der Gasse hervorgekommen dazwischen tritt - Die Buben fahren auseinander) ( ) ( ) Was gibt's Treff ich dich wieder am Schlag DAVID Nicht ich: Schandlieder singen die Hör nicht drauf; lern's besser wie die Zur Ruh ins Haus Schliess und mach Licht DAVID Hab ich heut Singstund
Die Meistersinger von Nürnberg 38 Nein singst nicht - zur Straf für dein heutig frech Erdreisten Die neuen Schuh steck mir auf den Leisten (David und Sachs sind in die Werkstatt eingetreten und gehen durch innere Türen ab) ( ) Zweite Szene 2 (Pogner und Eva - wie vom Spaziergang heimkehrend - die Tochter leicht am Arm des Vaters eingehenkt sind beide schweigsam die Gasse heraufgekommen) ( ) POGNER (noch auf der Gasse durch eine Klinze im Fensterladen Sachsens spähend) Lass sehn ob Meister Sachs zu Haus - Gern spräch ich ihn trät ich wohl ein (David kommt mit Licht aus der Kammer setzt sich damit an den Werktisch am Fenster und macht sich an die Arbeit) ( ) ( ) Er scheint daheim: kommt Licht heraus POGNER Tu' ich's - Zu was doch - Besser nein - (Er wendet sich ab) Will einer Seltnes wagen was liess er sich dann sagen - (nach einigem Sinnen) War er's nicht der meint ich ging zu weit Und blieb ich nicht im Geleise war's nicht auf seine Weise Doch war's vielleicht auch Eitelkeit - (zu Eva) Und du mein Kind Du sagst mir nichts ( ) ( ) ( ) Ein folgsam Kind gefragt nur spricht's POGNER Wie klug Wie gut - Komm setz dich hier ein' Weil noch auf die Bank zu mir (Er setzt sich auf die Steinbank unter der Linde) ( ) Wird's nicht zu kühl 'S war heut gar schwül
Die Meistersinger von Nürnberg 39 POGNER Nicht doch 's ist mild und labend gar lieblich lind der Abend: (Eva setzt sich beklommen) das deutet auf den schönsten Tag der morgen soll erscheinen O Kind Sagt dir kein Herzensschlag welch Glück dich morgen treffen mag - wenn Nüremberg die ganze Stadt mit Bürgern und Gemeinen mit Zünften Volk und hohem Rat vor dir sich soll vereinen dass du den Preis das edle Reis erteilest als Gemahl dem Meister deiner Wahl ( ) (burgher) (commoner) Lieb Vater muss es ein Meister sein POGNER Hör wohl: ein Meister deiner Wahl (Magdalene erscheint an der Türe und winkt Eva) ( ) (zerstreut) ja - meiner Wahl - Doch tritt nur ein Gleich Lene gleich - zum Abendmahl ( ) POGNER (ärgerlich aufstehend) 's gibt doch keinen Gast ( ) (wie vorher) Wohl den Junker ( ) POGNER (verwundert) Wieso ( ) Sahst ihn heut nicht POGNER (halb für sich) Ward sein' nicht froh Nicht doch Was denn Ei Werd ich dumm ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 40 Lieb Väterchen komm Geh kleid dich um POGNER (während er ins Haus vorangeht) Hm Was geht mir im Kopf doch 'rum - ( ) MAGDALENE (heimlich) Hast was heraus ( ) (ebenso) Blieb still und stumm ( ) MAGDALENE Sprach David meint er habe vertan Der Ritter Hilf Gott Was fang ich an Ach Lene die Angst Wo was erfahren MAGDALENE Vielleicht vom Sachs Ach Der hat mich lieb: gewiss ich geh hin MAGDALENE Lass drin nichts gewahren; der Vater merkt es wenn man jetzt blieb Nach dem Mahl Dann hab ich dir noch was zu sagen was jemand geheim mir aufgetragen Wer denn Der Junker MAGDALENE Nichts da Nein Beckmesser Das mag was Rechtes sein Dritte Szene 3 (Sachs ist in leichter Hauskleidung von innen in die Werkstatt zurückgekommen Er wendet sich zu David der an seinem Werktische verblieben ist) ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 41 Zeig her - 's ist gut - Dort an die Tür rück mir Tisch und Schemel herfür Leg dich zu Bett steh auf bei Zeit: verschlaf die Dummheit sei morgen gescheit DAVID (während er Tisch und Schemel richtet) Schafft Ihr noch Arbeit ( ) Kümmert dich das DAVID (für sich) Was war nur der Lene - Gott weiss was - Warum wohl der Meister heute wacht ( ) Was stehst noch DAVID Schlaft wohl Meister Gut Nacht (David geht in die der Gasse zu gelegene Kammer ab - Sachs legt sich die Arbeit zurecht setzt sich an der Tür auf den Schemel lässt aber die Arbeit wieder liegen und lehnt mit dem Arm auf den geschlossenen Unterteil des Türladens gestätzt sich zurück) ( ) Was duftet doch der Flieder so mild so stark und voll - Mir löst es weich die Glieder will dass ich was sagen soll Was gilt's was ich dir sagen kann Bin gar ein arm einfältig Mann Soll mir die Arbeit nicht schmecken gäbst Freund lieber mich frei: tät besser das Leder zu strecken und liess alle Poeterei (Er versucht wieder zu arbeiten lehnt sich von Neuem zurück und sinnt nach) Und doch 's will halt nicht gehn: - Ich fühl's und kann's nicht verstehn - kann's nicht behalten - doch auch nicht vergessen: und fass ich es ganz kann ich's nicht messen - Doch wie soll ich auch fassen ( )
Die Meistersinger von Nürnberg 42 was unermesslich mir schien Kein' Regel wollte da passen - und war doch kein Fehler drin Es klang so alt - und war doch so neu - wie Vogelsang im süssen Mai Wer ihn hört und wahnbetört sänge dem Vogel nach dem brächt es Spott und Schmach: - Lenzes Gebot die süsse Not die legt es ihm in die Brust: - nun sang er wie er musst und wie er musst so konnt er's - das merkt ich ganz besonders Dem Vogel der heut sang dem war der Schnabel hold gewachsen; macht er den Meistern bang gar wohl gefiel er doch Hans Sachsen - Vierte Szene 4 (Eva ist auf die Strasse getreten hat sich schüchternd der Werkstatt genähert und steht jetzt unvermerkt an der Türe bei Sachs) ( ) Gut'n Abend Meister Noch so fleissig (fährt angenehm überrascht auf) Ei Kind Lieb' Evchen Noch so spät Und doch warum so spät noch weiss ich: die neuen Schuh ( ) Wie fehl er rät Die Schuh hab ich noch gar nicht probiert; sie sind so schön und reich geziert dass ich sie noch nicht an die Füss mir getraut Doch sollst sie morgen tragen als Braut (etzt sich dicht neben Sachs auf den Steinsitz) Wer wäre denn Bräutigam ( ) Weiss ich das
Die Meistersinger von Nürnberg 43 Wie wisst Ihr denn dass ich Braut Ei was Das weiss die Stadt Ja Weiss es die Stadt Freund Sachs gute Gewähr dann hat Ich dacht - er wüsst mehr Was sollt ich wissen Ei seht doch Werd ich's ihm sagen müssen Ich bin wohl recht dumm Das sagt ich nicht Dann wärt Ihr wohl klug Das weiss ich nicht Ihr wisst nichts Ihr sagt nichts Ei Freund Sachs jetzt merk ich wahrlich Pech ist kein Wachs Ich hätt Euch für feiner gehalten Kind Beid Wachs und Pech bekannt mir sind mit Wachs strich ich die seidnen Fäden damit ich dir die zieren Schuh gefasst: heut fass ich die Schuh mit dichtren Drähten da gilt's mit Pech für den derbren Gast Wer ist denn der Wohl was rechts Das mein' ich Ein Meister stolz auf Freiers Fuss; denkt morgen zu siegen ganz alleinig: Herrn Beckmessers Schuh ich richten muss
Die Meistersinger von Nürnberg 44 So nehmt nur tüchtig Pech dazu: da kleb er drin und lass mir Ruh Er hofft dich sicher zu ersingen Wieso denn der Ein Junggesell - Is gibt deren wenig dort zur Stell (sehr innig) Könnt's einem Witwer nicht gelingen ( ) Mein Kind der wär zu alt für dich Ei was Zu alt Hier gilt's der Kunst wer sie versteht der werb um mich Lieb' Evchen machst mir blauen Dunst Nicht ich Ihr seid's Ihr macht mir Flausen Gesteht nur dass Ihr wandelbar Gott weiss wer Euch jetzt im Herzen mag hausen Glaubt ich mich doch drin so manches Jahr Wohl da ich dich gern auf den Armen trug Ich seh 's war nur weil Ihr kinderlos Hatt' einst ein Weib und Kinder genug Doch starb Eure Frau so wuchs ich gross Gar gross und schön
Die Meistersinger von Nürnberg 45 Da dacht ich aus Ihr nähm't mich für Weib und Kind ins Haus Da hätt ich ein Kind und auch ein Weib 's wär gar ein lieber Zeitvertreib Ja ja Das hast du dir schön erdacht Ich glaub der Meister mich gar verlacht Am End auch liess er sich gar gefallen dass unter der Nas ihm weg vor Allen der Beckmesser morgen mich ersäng' Wer sollt's ihm wehren wenn's ihm geläng' Dem wüsst allein dein Vater Rat Wo so ein Meister den Kopf nur hat Käm ich zu Euch wohl fänd ich's zu Haus Ach ja Hast recht: 's ist im Kopf mir kraus Hab heut manch Sorg und Wirr erlebt: da mag's dann sein dass was drin klebt (immer dringender zu Sachs) Wohl in der Singschul 's war heut Gebot ( ) Ja Kind Eine Freiung machte mir Not Ja Sachs Das hättet Ihr gleich solln sagen quält Euch dann nicht mit unnützen Fragen - Nun sagt wer war's der Freiung begehrt Ein Junker Kind gar unbelehrt Ein Ritter Mein sagt Und ward er gefreit Nichts da mein Kind 's gab gar viel Streit