ABSCHLUSSBERICHT THEATER SETNET Performance für Frieden und die Wiedervereinigung Koreas, aufgeführt von den geflüchteten Jugendlichen aus Nordkorea und Südkorea VOR DEM STACHELDRAHT THEATERPRODUKTION UND AUFFÜHRUNGEN ZUM 25. JAHR DER DEUTSCHEN EINHEIT DRESDEN UND BERLIN 23. November - 04. Dezember 2015
INHALT 3 VORWORT Auf gleicher Augenhöhe von Nataly Jung-Hwa Han (Korea Verband e.v.) 6 KOREA IN DRESDEN Begenungen mit einem geteilten Land von Henry Krause (Sächsische Staatskanzlei) 7 DIE TEILUNG DER BEIDEN KOREAS-Das Erbe des Kalten Krieges 8 LEBENSWEGE DER JUGENDLICHEN AUS NORDKOREA UND DIE SETNET SCHULE 10 DAS THEATERSTÜCK: Vor dem Stacheldraht...Duett für eine Stimme 14 GEDICHTE ZUM STÜCK 20 MITWIRKENDE 22 GESAMMELTE EINDRÜCKE: Wie das Schauspiel das Leben der Jugendlichen änderte 25 NACH DER DEUTSCHLANDREISE 31 GESAMMELTE EINDRÜCKE (in koreanischer Sprache) 40 NO NATION NO HOME? Theater als Identitätsarbeit und Zukunftsentwurf. Schlusswort von Kien Nghi Ha 41 PRESSESPIEGEL 42 PROGRAMM DRESDEN: Aufführungen, Pressekonferenz und Gespräche 44 PROGRAMM BERLIN: Aufführungen, Performances, Pressekonferenz und Gespräche 46 VERANSTALTER, FÖRDERNDE UND PARTNER, KONTAKT 47 IMPRESSUM 2
VORWORT AUF GLEICHER AUGENHÖHE Von Nataly Jung-Hwa Han Vorstandvorsitzende Korea Verband e.v. Seit dem Mauerfall in Deutschland und dem Zusammenbruch des Ostblocks geriet die nordkoreanische Wirtschaft in große Krisen und die Versorgung der Bevölkerung brach seit Mitte der 1990er zusammen. Es begann der sogenannte Notmarsch aufgrund großer Hungersnöte. Seither sollen mehr als 200.000 Menschen aus Nordkorea über die Grenze nach China geflohen sein, welches sie aber nicht als Geflüchtete anerkennt. Nur über gefährliche Umwege durch Drittländer schafften es bis heute etwa 30.000 Menschen nach Südkorea zu gelangen. Ihr Alltag stellt jedoch in einer stark wettbewerbsorientierten Gesellschaft wie in Südkorea eine große Herausforderung dar. Nicht nur der harte Konkurrenzkampf bereitet ihnen ein Ohnmachtsgefühl, sondern auch das Gefühl, Menschen zweiter Klasse zu sein. Sie werden im Alltag ständig mit Vorurteilen über Nordkorea konfrontiert: Sie sind entweder anpassungsunfähig oder werden als nordkoreanische Spione verdächtigt. Sobald ihre Umgebung den nordkoreanischen Ak- 3
zent erkennt, wird ihnen nicht mehr vorurteilsfrei begegnet. Nicht nur die Menschen aus Nordkorea, sondern alle, die nicht der Mehrheit der Gesellschaft angehören, wünschen sich eine Begegnung auf gleicher Augenhöhe. Im Jahre 2012 erfuhr ich zum ersten Mal auf einer Konferenz an der Freien Universität Berlin über das wunderbare Konzept der Schule Setnet: Durch das gemeinsame Theaterspiel und die Aufführungen wird den Jugendlichen Selbstbewusstsein vermittelt. Ihre traumatischen Erfahrungen bei der Flucht werden verarbeitet. Sie lernen, sich als Geflüchtete aus Nordkorea vorzustellen und treten mit dem Publikum ins Gespräch. Außerdem bedeuten Set und Net, die koreanischen Zahlen Drei und Vier. Damit soll auch zum Ausdruck gebracht werden, dass man nicht zwingend zu den Ersten gehören muss. Die diesjährige Theatertruppe war folglich von besonderer Bedeutung, da vier der Jugendlichen aus Nordkorea und drei aus Südkorea stammen. Anfang 2014 hatte ich endlich die Möglichkeit, die Schule Setnet, die inzwischen nach Wonju in die Gangwon Provinz umgezogen war, zu besuchen. Die Schule zeigte ein großes Interesse, in einer Stadt wie Berlin, welche die Wiedervereinigung symbolisiert, zu spielen. Die Flugkosten würde die Schule durch Anträge in Südkorea erwerben. In Deutschland zurückgekommen, erarbeite das Team im Korea Verband ein Exposé um dieses bei verschiedenen Stiftungen und Fördernden einzureichen. Doch leider war das Interesse an einem Theaterprojekt nicht allzu groß. Im Herbst 2014 entstand die Verbindung durch Frau Manuela Schott, einem Mitglied des Korea Verbands, zu den Akteurinnen und Akteuren in Dresden: Anfang Januar 2015 kamen Herr Andreas Nattermann, Intendant des Societaetstheaters, Frau Uljane Sieber, Leiterin der Gedenkstätte Bautzner Straße, Herr Henry Krause, Referent der Sächsischen Staatskanzlei, Frau Katharina Schwarz von der Abteilung Internationale Märkte im Bürgermeisteramt und Frau Sabine Kirst, Referentin der Landeszentrale für Politische Bildung in Sachsen zusammen. Sie alle gaben ihr Bestes und hießen die Mitglieder des Theaters Setnet mit einem wunderbaren Besuchsprogramm herzlich willkommen. Nicht nur zwei Auftritte im Theater waren für die jungen Menschen aus Nord- und Südkorea eindrucksvoll, sondern auch die zahlreichen Besuche und Gespräche am Gymnasium Bühlau, beim Besuch des jungen Theaters, die Diskussion in der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen und der Auftritt in der Gedenkstätte Bautzner Straße hinterließen ihnen bleibende Erinnerungen, die wir in diesem Heft nachlesen können. Mit großer Anteilnahme nahmen sie auch die Geschichte der Stadt Dresden wahr sowie die vorweihnachtliche Atmosphäre. Die Stadt Berlin, die durch die Teilung und Wiedervereinigung unmittelbar geprägt ist, hinterließ bei den Gästen gleich zu Beginn große Eindrücke. Am ersten Tag führten sie gleich nach der Ankunft vor der Berliner Mauer in der Bernauer Straße und vor dem Brandenburger Tor kurze Performances auf. Die Kooperation mit der Werkstatt der Kulturen vertreten durch Herrn Paul Räther war sehr erfolgreich, sodass wir den Saal mit 250 Plätzen füllen konnten. Herr Dr. Jens Hüttman von der Bundesstifuftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur danken wir für seine 4
Unterstützung in jeglicher Hinsicht. Der Besuch und die Aufführung für die Geschichtsklasse der Kantschule waren ebenfalls bereichernd. Ohne die Unterstützung des Korea Verband-Teams wäre die Umsetzung des umfangreichen Besuchsprogramms mit mehreren Auftritten kaum möglich gewesen: Dr. Rita Zobel (Anträge, Koordination in Berlin), Yujin Jung (Korrespondenz, Koordination mit Korea), Tsukasa Yajima (Fotografie, Koordination), Dong-Ha Choe (Fotografie, Koordination, Grafik), Yann Prell, Alexandra Bauer, Antje Grabenhorst (Öffentlichkeitsarbeit und Koordination) Manuel Scheiner, Nico Jacob, Lisa Schulze sowie die Gruppe Sewol Berlin und weitere Unterstüztende. Suna Lim fasste den Aufenthalt der Jugendlichen in einem wunderbaren Kurzfilm zusammen. Dieses ist mit dem Titel Setnet Theatergruppe zu Besuch in Dresden und Berlin auf der YouTube-Seite des Korea Verbands für alle Interessierten zugänglich: https://www.youtube.com/watch?v=kay-rbn9fmw Überdies ist es wichtig zu wissen, dass eine der Schauspielerinnen weder ihr Gesicht zeigen, noch ihren Namen bekannt geben wollte, aus Angst um ihre in Nordkorea verbliebenen Verwandten. Deshalb fehlt hier ihre Stimme in diesem Heft. Bedauerlich ist ebenfalls, dass wir die Stimmen der Jugendlichen aus Dresden und Berlin in diesem Heft nicht aufnehmen konnten, da sich die Klassenverbände durch die Abiturprüfungen schnell auflösten. Eines ist gewiss, die begonnenen Gespräche werden sich weiterhin fortsetzen. 5
KOREA IN DRESDEN Begegnungen mit einem geteilten Land EIN PERSÖNLICHER EINDRUCK Von Henry Krause Referent bei der Sächsischen Staatskanzlei Deutschland ist mit Blick auf die Wiedervereinigung eines geteilten Landes Vorbild für viele Menschen aus Südkorea. Jedes Jahr besuchen Delegationen aus Südkorea Sachsen, um sich über die Friedliche Revolution und den Einigungsprozess zu informieren. Immer wieder gelingt es Menschen aus Nordkorea, den harten Lebensbedingungen der kommunistischen Diktatur zu entfliehen. Doch ihre Integration in Südkorea erweist sich als schwierig. So hat sich 2004 die Setnet Schule für junge nordkoreanische Geflüchtete gegründet und hilft ihnen bei der Integration in die südkoreanische Gesellschaft. Die Schule trägt auch mit künstlerischen Projekten zur Stärkung der Identität der Schülerinnen und Schüler bei. Das koreanische Jugendtheater Setnet kam anlässlich des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit nach Dresden. Der Korea Verband suchte nach Partnerschaften in Dresden, um diesen Besuch zu ermöglichen und gemeinsam ein reichhaltiges Programm zu organisieren. Im Societaetstheater führten die Jugendlichen das Stück Vor dem Stacheldraht Duett für eine Stimme auf. Die speziell für Deutschland entwickelte, nonverbale Performance führte das Publikum in die Geschichte des geteilten Koreas ein und erzählte von persönlichen Fluchterlebnissen und der schwierigen Ankunft in der südkoreanischen Leistungsgesellschaft. Die Performance vereinte Musik, Tänze, Spiele, Pantomime, Puppenspiele sowie Fotos und Filmsequenzen. Es war beeindruckend, wie sprechend ein nonverbales Theater sein kann. Nach den beiden Aufführungen kamen die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler mit dem Publikum ins Gespräch. Dabei stand sowohl die Entwicklung in Deutschland seit 1989 als auch in Korea im Mittelpunkt. Park Sangyoung, Direktor der Schule sowie Regisseur und Produzent des Stücks, entwickelt seit 2007 gemeinsam mit Jugendlichen kreative Theater. Er möchte das Selbstbewusstsein der Jugendlichen durch das Spielen stärken und die Traumata der Flucht lindern. Während ihres einwöchigen Aufenthalts lernten die koreanischen Jugendlichen, Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Dresden-Bühlau kennen. In der Gedenkstätte Bautzner Straße, einer ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit, fand am 28. November 2015 ein koreanischer Thementag mit Vorträgen, Präsentationen und Gesprächen statt. 6
Die Korea-Woche wurde in Kooperation mit dem Korea Verband, der Landeszentrale für politische Bildung, dem Societaetstheater und der Gedenkstätte Bautzner Straße durchgeführt. Alle Beteiligten waren von der Begegnung mit dem Setnet Theater beeindruckt; die Aufführungen und Gespräche werden lange in Erinnerung bleiben. DIE TEILUNG DER BEIDEN KOREAS Das Erbe des Kalten Krieges 1945, vor 70 Jahren wurde die koreanische Halbinsel von der Kolonialherrschaft Japans (1910-1945) befreit. Kurz darauf wurde Korea durch die Siegermächte, Sowjetunion und USA, entlang des 38. Breitengrades in Nord- und Südkorea geteilt. In beiden Teilen wurden 1948 getrennte Regierungen gebildet, im Norden die Demokratische Volksrepublik Korea und im Süden die Republik Korea. Beide Regierungen beanspruchten die Halbinsel für sich. Dies führte 1950 zum Ausbruch des Koreakriegs, der das Land verheerend verwüstete. Der Konflikt hält an, denn bis heute gilt lediglich ein Waffenstillstandsvertrag, der am 27.07.1953 zwischen Nordkorea und den USA ohne die Beteiligung Südkoreas abgeschlossen wurde; ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht erreicht. Während im Norden ein kommunistisches Regime errichtet wurde, legte der Süden unter mehreren Diktaturen den Fokus auf ein rigoroses Wirtschaftswachstum. Trotz Annäherungen beider Staaten in den vergangenen Jahren, erscheint die entmilitarisierte Demakartionszoge (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea nahezu unüberwindbar. Nach dem Vorbild von Willy Brandts Entspannungspolitik proklamierte der südkoreanische Präsident Kim Dae-Jung die sogenannte Sonnenscheinpolitik, die von 2000 bis 2008 umgesetzt wurde. Jedoch wurden seit den Amtsübernahmen von Präsident Lee Myung-Bak und Präsidentin Park Geun-Hye jegliche Annährungsprogramme aufgrund des nordkoreanischen Kernwaffenprogramms eingestellt. Dies betrifft auch die Wirtschaftssonderzone in der Stadt Kaesong, die 2016 endgültig geschlossen wurde. Kritische Stimmen bedauern die gänzliche Unterbrechung des Dialogs zwischen Nord- und Südkorea. 7
LEBENSWEGE DER JUGENDLICHEN AUS NORDKOREA UND DIE SETNET SCHULE Die Lebenswege der Jugendlichen aus Nordkorea ähneln sich. Viele von ihnen träumten während ihrer Schulzeit in Nordkorea von einem Geschichts- oder Kunststudium oder davon Kinder zu unterrichten; Träume wie sie viele junge Menschen haben. Mit der Hungersnot in den 1990er Jahren, Entführungen, Verfolgungen und dem Verschwinden von Familienangehörigen erlitten sie schwere Notlagen. Sie flüchteten aus Nordkorea während ihrer Kindheit oder Jugend, nach der Beendigung der Grundschule oder während der Mittelstufe. Bevor sie Südkorea erreichten, lebten einige für Jahre in China. Dort litten sie unter der Angst entdeckt und wieder nach Nordkorea zurück geschickt zu werden. Für manche verlief die Flucht von Jilin nach Tianjin, Qingdao, Hangzhou, Changsha über Nanjing unter der ständigen Gefahr von Ausbeutung und Entdeckung. Die Einreise nach Südkorea gelang einigen nur über Drittstaaten, wie Vietnam, Thailand oder Laos. Das Leben in Südkorea war zunächst von einfachen Jobs geprägt: In Fabriken, auf dem Bau oder in Botendiensten. Erst der Eintritt in die Setnet Schule ermöglichte es ihnen einen Abschluss nachzuholen und weiterführende Bildungen wahrzunehmen. Jetzt wollen viele studieren. Sie interessieren sich für Fächer wie Politikwissenschaften, Journalismus, Massenkommunikation und die Forschung zur Wiedervereinigung. Andere wollen Drehbuchautor*innen oder Flugbegleiter*innen werden oder bei der Polizei arbeiten. Die Aufnahme in die südkoreanische Gesellschaft ist von einem Begriffsreigen geprägt. Von Silhyangmin (eine Person die ihre Heimat verlor), Guisunja (Deserteur), Talbukja (Überläufer), BukhanIital Jumin (nordkoreanische Flüchtlinge) und Saeteomin (neue Immigranten) wandelten sich die Begriffe für die Geflüchteten mit der Zeit. Doch wie möchten die geflüchteten Jugendlichen selbst gesehen und aufgenommen werden? Wie gehen sie mit alltäglichen Diskriminierungen und Vorurteilen um? Die Setnet Schule wurde 2004 in Wonju, Provinz Gangwon-do, Südkorea gegründet, um jugendliche Geflüchtete gemeinsam mit südkoreanischen Jugendlichen zu unterrichten. In Schule und Internat lernen sie die Kultur und den Alltag Südkoreas kennen. Sie trainieren den Umgang mit digitalen Medien und neuen Technologien. Orientierungskurse erleichtern ihre Berufswahl. Spezieller Unterricht bereitet auf Zulassungsprüfungen für weiterführende Schulen vor. Setnet bedeutet "DreiVier". Setnet ist eine Alternative zur Schule Hanadul, deren Name "EinsZwei" bedeutet. Hanadul ist eine Eliteschule in Seoul, die Geflüchtete aus Nordkorea aufnimmt. Setnet lehnt 8
deren zu hohes Bildungskonzept ab, welches Geflüchteten auf ein Leben in einer Metropole wie Seoul vorbereiten soll. Stattdessen möchte Setnet die Jugendlichen auf ein Leben in der Provinz vorbereiten. 2007 wurde das Theater in der Schule gegründet. Park Sangyoung, Schuldirektor und Theaterleiter, will das Selbstbewusstsein der Jugendlichen durch das Spiel stärken und ihre durch Flucht bedingten Traumata heilen. Ein professionelles kunstschaffendes Team verleiht dem Laientheater seine besondere künstlerische Note. Wichtig sind die Publikums-Gespräche, bei denen sich Menschen aus Nord, Süd, Ost und West mit Neugier und Aufmerksamkeit begegnen. 9
DAS THEATERSTÜCK Vor dem Stacheldraht...Duett für eine Stimme Performance für den Frieden und die Wiedervereinigung beider Koreas AUFFÜHRUNGEN ZUM 25. JAHR DER DEUTSCHEN WIEDERVEREINIGUNG Programm (120 Min.) Theateraufführung (70 Min.) Pause (10 Min.) Publikumsgespräch (40 Min.) Tanzszenen Nonverbale Performance von Jugendlichen, die aus Nordkorea geflüchtet sind und ihren südkoreanischen Mitschülerinnen und Mitschülern. Mit Live-Musik, Tanz, Spiel, Pantomime, Puppen, Foto- und Film-Projektionen zeigen sie in acht Szenen ihre Flucht und die Geschichte des geteilten Koreas. Dabei nehmen sie auch die südkoreanische Gesellschaft kritisch unter die Lupe. Manche Geflüchtete finden in Südkorea nicht, was sie suchten und reisen weiter. Der Kurzfilm "Einfache Fahrt" zeigt dieses Phänomen innerhalb der Performance. Das Stück wurde 2015 für Deutschland entwickelt und ist die neunte Produktion der Gruppe. 10
SZENEN DES STÜCKS UND KURZFILM Die Szenen-Beschreibungen auf Deutsch wurden vor jedem Szenenwechsel auf die Wand projiziert: 1. PROLOG Nach der Blüte kommt der Frühling Nächte und Träume von jungen Geflüchteten. 2. SZENE 1950-1960: Zerbrochene Träume und Liebe, Krieg und Teilung Nach 36 Jahren japanischer Kolonialherrschaft wurde Korea 1945 zwar befreit, es besaß jedoch keine Autonomie. Die koreanische Halbinsel wurde durch die USA und die Sowjetunion geteilt. Am 25. Juni 1950 begann der Norden mit Einverständnis der Sowjetunion einen Bürgerkrieg, bei dem es sich faktisch um einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion handelte. Der drei Jahre dauernde Krieg forderte schätzungsweise fünf Millionen Tote, was die größte Tragödie für das koreanische Volk in seiner Geschichte darstellt. (Die Gesamtbevölkerung Koreas zu dieser Zeit wird auf 30 Millionen Menschen geschätzt). 3. SZENE 1970-1980: Ein Land ohne Rückkehr - Meine geliebte Heimat Meine Heimatstadt Hoeryeong liegt in der Provinz Nord-Hamgyeong. Der kristallblaue Tumen fließt durch die Stadt. Ein wunderschöner und friedlicher Ort, an dem jedes Jahr weiße Aprikosen blühen. 4. SZENE 1990-1999: Flucht aus Nordkorea - Eine lange Reise unter Lebensgefahr Die Wirtschaftskrise, die 1994 in Nordkorea begann, der Tod von Kim Il-Sung und die große Überschwemmung stürzten Nordkorea in eine verheerende Lebensmittelknappheit. Die Regierung, die durch das Verteilungssystem die Existenz der Bevölkerung verantwortete, hatte die Kontrolle verloren. Mehr als drei Millionen Menschen verhungerten. Die Menschen in den Grenzregionen zu China und Russland flohen, um ihr Überleben zu sichern. Über China und Südostasien verstreuten sie sich nach Südkorea und in andere Länder. Einige irren heute noch als Geflüchtete in der Welt umher. 11
5. SZENE 2001: Ein ungebetener Gast - Freut ihr euch nicht? Der Korea-Krieg wurde 1953 durch einen Waffenstillstand beendet (bis heute gibt es kein Friedensabkommen). In den 47 Jahren bis 1999 flüchteten insgesamt nur 967 Menschen aus Nordnach Südkorea, meist aus politischen Gründen. Von 1999 bis 2007 durchbrachen jedoch 10.000 Menschen die gewaltige Grenze und riskierten ihr Leben, um nach Südkorea zu gelangen. Die meisten von ihnen flüchteten nicht, weil sie nach Freiheit suchten, sondern um dem Hungertod zu entkommen. In Südkorea sehen sie sich jedoch mit einer strukturellen Ungleichheit und einem rigorosen Konkurrenzkampf konfrontiert, was typisch für den Turbo-Kapitalismus in Südkorea ist, da sich die Wirtschaft binnen kürzester Zeit rasant entwickelte. Südkorea wird gepriesen, das Wunder am Han-Fluss vollbracht zu haben, doch das extrem konsumorientierte, neoliberale System flößt den Geflüchteten noch weitere Furcht und großes Misstrauen ein und sie begeben sich auf eine ewig andauernde Flucht. 6. SZENE 2009: Trauma (Ein Alptraum) - Die Blüten fallen, aber die Blume bleibt! 17% aller Geflüchteten aus Nordkorea im Süden sind Jugendliche im Alter von 7 bis 24 Jahren. Die meisten von ihnen sehnen sich nach einem sozialen Aufstieg und besuchen Universitäten, wobei die südkoreanische Regierung Hilfe, im Sinne vereinfachter Zugangsbedingungen, welche ihre Situation berücksichtigen, gewährt. Viele Studierende brechen jedoch durch mangelhafte Allgemeinbildung und/oder soziale Kommunikationsdefizite ihr Studium ab. Sie werden als Sonderlinge ausgegrenzt oder verlassen illegal Südkorea und ziehen durch die Welt. 7. SZENE 2015: Träume von Efeu Bis das Grün alles Verzweifelte überdeckt Wenn wir unsere Köpfe aus Verzweiflung ob der unbezwingbaren Mauer hängen lassen, führt ein Efeublatt tausende Efeuranken und erklimmt diese Mauer. 8. EPILOG: DAS LIED DER VÖGEL VOR DEM STACHELDRAHT Nun legt die Waffen nieder und haltet unsere beiden Hände fest. Und lasst uns gemeinsam die rostig verkrusteten Stacheldrähte abreißen. 12
KURZ-FILM-EINSPIELUNG: ONE-WAY TRIP (16 Minuten, Regie: Kim Gun) Eine Reportage über die schmerzhaften Erfahrungen einzelner nordkoreanischer Jugendlicher in Südkorea. Gefangen vom Mammon des Neoliberalismus schlug das Leben der Jugendlichen fehl. Der Film berichtet von der schwierigen Zukunft der koreanischen Halbinsel. Bis 2012 erreichten insgesamt 24.614 Geflüchtete aus Nordkorea den Süden. Vermutlich haben inzwischen etwa 10% von ihnen Südkorea wieder verlassen. Die exakte Personen-Zahl lässt sich durch ihren illegalen Status im Ankunftsland nicht feststellen. Anpassungsschwierigkeiten in der südkoreanischen Gesellschaft, finanzielle Unsicherheiten, Zukunftsängste, sind einige der Gründe, warum sie Südkorea wieder verlassen. 13
GEDICHTE ZUM STÜCK 그리운엄마 그리운엄마나의엄마꿈결에도그리운엄마가고싶어라정든그품에한달음에달려가고파달려가안기면사랑을속삭이던엄마없으면나는못살아엄마없이나는못살아 북한동요, 철만이의기억채보 Sehnsucht nach Mamma Meine Sehnsucht, meine Mamma, auch im Traum fehlst du mir meine Sehnsucht! Zu deinem vertrauten Schoß möchte ich hin mit einem Sprung pfeilschnell. In deiner festen Umarmung flüstertest du mir von der Liebe. Ohne dich, meine Mamma, kann ich nicht leben, meine Sehnsucht! Ein nordkoreanisches Kinderlied von Chulman, aus dem Gedächtnis 14
반달 푸른하늘은하수하얀쪽배엔계수나무한-나무토끼한마리돛대도아니달고삿대도없이가기도잘도간다남쪽나라로 남북한공통동요 Der Halbmond Am blauen Himmel auf der Milchstraße fahren im weißen Boot ein Kuchenbaum* und ein Hase. Ohne Mast und ohne Rah** lassen sie sich treiben in das Land des Südens. Ein Kinderlied, das in Nord- und Südkorea gesungen wird. * Früher stellte man sich in Ostasien vor, dass auf dem Mond ein Kuchenbaum und ein Hase zu sehen sind. Die welken Blätter dieses Baums verströmen einen Duft nach (Leb-)Kuchen. ** Rah = zum Mast gehörende Querstange 15
저것은벽 어쩔수없는벽이라고우리가느낄때그때담쟁이는말없이그벽을오른다물한방울없고씨앗한톨살아남을수없는저것은절망의벽이라고말할때담쟁이는서두르지않고앞으로나아간다한뼘이라도꼭여럿이함께손을잡고올라간다푸르게절망을다덮을때까지바로그절망을잡고놓지않는다저것은넘을수없는벽이라고고개를떨구고있을때담쟁이잎하나는담쟁이잎수천개를이끌고결국그벽을넘는다. 도종환 (1954~) 16
Die Mauer dort Die Mauer dort erschien uns unüberwindlich. Gerade da kletterte ein Efeu die Mauer hoch, leise, schweigend. Ohne einen Tropfen Wasser kann dort kein Samenkörnchen überleben. Daher nannten wir diese Mauer hoffnungslos. Gerade da kroch der Efeu hoch, Schritt für Schritt, ohne Eile. Selbst nur eine Hand breit, rankt er Hand in Hand, immer zu mehreren, bis das Grün alle Verzweiflung überdeckt, der Efeu hält sich an dieser Verzweiflung fest, ohne sie loszulassen. Wir hielten die Mauer für unbezwingbar und ließen unsere Köpfe hängen, da führt ein Efeublatt mehrere tausende seiner Ranken hin und erklimmt schließlich die Mauer dort. Do Jong-Hwan (geboren 1954) 17
철망앞에서 내맘에흐르는시냇물미움의골짜기로물살을가르는물고기떼물위로차오르네냇물은흐르네철망을헤집고싱그런꿈들을품에안고흘려굽이쳐가네자총을내리고두손마주잡고힘없이서있는녹슨철조망을걷어버려요저건너들에핀풀꽃들꽃내음도향긋해거기서있는그대숨소리들리는듯도해이렇게가까이에이렇게나뉘어서힘없이서있는녹슨철조망을쳐다만보네빗방울이떨어지려나들어봐저소리아이들이울고서있어먹구름도몰려와자총을내리고두손마주잡고힘없이서있는녹슨철조망을걷어버려요자총을내려두손마주잡고힘없이서있는녹슨철조망을걷어버려요자총을내리고두손마주잡고힘없이서있는녹슨철조망을걷어버려요자총을내려두손마주잡고힘없이서있는녹슨철조망을걷어버려요녹슬은철망을거두고마음껏흘러서가게마음껏흘러서가게녹슬은철망을거두고마음껏흘러서가게마음껏흘러서가게 김민기 (1951~) 18
Vor dem Stacheldraht Der Bach fließt durch mein Herz in das Tal des Hasses. Der Fischschwarm, der die Wellen durchtrennt, steigt hoch auf die Oberfläche. Der Bach fließt und bahnt sich seinen Weg durch den Stacheldraht, frische Träume umarmend schlängelt er sich hindurch. Legt nun die Waffen nieder und haltet unsere beiden Hände fest und lasst uns gemeinsam die verrosteten Stacheldrähte abreißen! Die Grasblüten auf dem Feld drüben duften zart und frisch. Du stehst dort, und ich glaube, deinen Atem wahrzunehmen. So nah sind wir und doch sind wir so geteilt. Kraftlos starren wir nur noch auf den eisernen Stacheldraht. Die Regentropfen scheinen zu fallen, bitte horch auf das Geräusch. Die Kinder stehen weinend, die schwarzen Regenwolken ziehen über uns. Legt nun die Waffen nieder und haltet unsere beiden Hände fest und lasst uns gemeinsam die verrosteten Stacheldrähte abreißen! Legt nun die Waffen nieder und haltet unsere beiden Hände fest und lasst uns gemeinsam die verrosteten Stacheldrähte abreißen! Reißt den verrosteten Stacheldraht ab und fließt nach Herzenslust, nach Herzenslust! Reißt den verrosteten Stacheldraht ab und fließt nach Herzenslust, nach Herzenslust! Kim Min-ki (geboren 1951) 19
MITWIRKENDE Kurzbiografien DARSTELLER BOMHEE (23) 1991 geboren in Daeheungdan, Provinz Yanggang, Nordkorea. 2006 Flucht nach Cheongdo, Provinz Shantung, China. Juli 2013 über Laos und Thailand nach Südkorea. CHULMAN (26) 1989 geboren in Hoeryong, Provinz Nordhamgyong, Nordkorea. Juni 2009 Ankunft in Südkorea über Laos. HAEUN (19) 1996 geboren in Wonju, Provinz Gangwon, Südkorea. HEEWON (15) 2000 geboren in Bournemouth, U.K., aufgewachsen in Südkorea. HYANGI (26) 1989 geboren in Nampo, Provinz Südpyeonan, Nordkorea. 2008 Flucht nach Harbin in China. August 2011 Ankunft in Südkorea über Laos. JINOK (26) 1989 geboren in Hyesan, Provinz Yanggang, Nordkorea. 2006 Flucht nach Shimyang in China. Mai 2014 über Thailand nach Südkorea. NARA (17) 1998 geboren in Seoul, Südkorea. 20
KUNSTSCHAFFENDE UND MACHER DES SETNET THEATERS LEE DOOSUNG (*1964) Schauspieler, Pantomime, Choreograf, Mitglied im Korea Mime Council, Lehrbeauftragter an der Hanyang Universität Südkorea, Regie und Ausschussmitglied am Sejong Center for the Performing Arts in Seoul. Er war früher im Vorsitz des Korea Mime Council und der Theatergesellschaft Iseulgil und hatte Gastprofessuren an der Kookmin Universität sowie an der Handong & Kyungsung Universität, Südkorea. KIM WOOHUN (*1978) Produzent und Regisseur von Dokumentarfilmen, Mitglied der KIPDA (Korean Independent Producers & Directors' Association & J&D Media). Er war früher Produzent & Regisseur bei Munhwa Broadcasting Corporation (MBC) Newsroom & Yonhap Television News (YTN) DMB und stellv. Regisseur bei KTV. PARK SANGYOUNG (*1963) Direktor der Setnet Schule für nordkoreanische geflüchtete Jugendliche, Mitglied im Wiedervereinigungsministerium. Von 2001-2002 leitete er die Nan-Na Youth Academy of Performing Arts und hatte von 1996-2004 den Vorsitz des Yeohae Cultural Center for the Youth inne. Von 1995-2000 war er Direktor von Alone & Together - Alternative Cultural School for the Youth. LEE MISOOK (*1974) seit 2005 Leiterin und Vertrauenslehrerin der Verwaltung der Setnet Schule für nordkoreanische geflüchtete Jugendliche. Seit 2007 führt sie die Regie-Assistenz des Setnet-Theaters. Seit 2011 ist sie Managerin des Setnet Internats für nordkoreanische geflüchtete Jugendliche. SONG KIYOUNG (*1977) Komponist, Regieführung & Ausschussmitglied Seoul Recorder Consort, Ensembles Korea Recorder Academy, Musikdirektor Theatergesellschaft Windows, Mitglied Aiga - Musikgruppe für Kinder, Autor des Musikbuches "The Giraffe I Drew". 21
GESAMMELTE EINDRÜCKE: Wie das Schauspiel das Leben der Jugendlichen änderte ÜBER DAS THEATER MIHEE (21 Jahre alt, aus Cheongjin, Hamgyung Provinz in Nordkorea) Durch das Theater verstärkten sich meine Freundschaften und ich begann, Dinge zu verstehen, die Zuhause anders waren. Außerdem begann ich selbstbewusster darüber zu sprechen, eine nordkoreanische Geflüchtete zu sein. Früher dachte ich: "Was würden die Menschen in Südkorea denken, wenn ich sage, dass ich Nordkoreanerin bin?" Nach dem Schauspielern, begann ich mein Denken zu ändern ich bekam das Selbstbewusstsein, mich anderen zu nähern. Durch kulturelle Aktivitäten wie diese möchte ich die Mauer zwischen den Menschen in Südkorea und nordkoreanischen Geflüchteten einreißen. CHULSOO (19 Jahre alt, aus Hyesan, Yanggang Provinz in Nordkorea) Als ich das erste Mal in die Setnet Schule in Wonju kam, war ich sehr skeptisch. Für mich waren Schulen immer nur ein Ort zum Lernen. In Setnet jedoch lernte und tanzte man auch. Ich war verwirrt: Ist das eine Schule, ein Theater, eine Schauspielschule oder eine Tanzschule? Unser Rektor Park sagte nur, dass man Theater braucht, um selbstsicherer zu sein, und gleichzeitig unverschämt und sozial. Außerdem meinte er, falls wir wirklich mit den Leuten in Südkorea befreundet sein und unsere Traumfrau treffen wollen, muss man gut im Tanzen sein. Trotzdem war ich der Meinung, dass mir das Lernen eher dabei hilft, meine Träume zu verwirklichen. Eigentlich wollte ich am Anfang wirklich nicht schauspielern. Jetzt aber trete ich in Seoul, Wonjin, Cheongju und sogar in Japan auf. Durch das Theater wurde ich selbstbewusster und sozialer. Während des Schauspiels dachte ich jeden Tag an Nordkorea, und als Hyung ein nordkoreanisches Kinderlied sang, kamen mir sogar die Tränen. Wenn ich an meine Familie in Nordkorea denke, schmerzt mein Herz. Manchmal bin ich einsam und traurig und vermisse sie sehr. 22
MANCHEOL (25 Jahre alt, aus Hamgyeongbukdo Hoeryeong in Nordkorea) Jedes Mal wenn ich dieses Stück spielte, kam mir der Spruch "Das Leben ist ein Spiel" in den Sinn. Ursprünglich war mir nicht bewusst, was dies bedeutet. Jetzt verstehe ich zumindest einen Teil davon. So wie wir unser Leben nicht wiederholen können, kann man auch kein Stück wiederholen. Daher sollten wir immer unser Bestes geben. Wenn ich mir meine Vergangenheit anschaue, wurde ich mehr von anderen hin und her gezogen, anstatt mein Bestes zu geben. In meinen Erinnerungen bin ich nicht aktiv und leidenschaftlich für etwas, sondern wurde viel mehr durch meine Lehrer und Lehrerinnen dazu verpflichtet, bestimmte Dinge zu tun. Vielleicht ist das der Grund, warum ich am Ende eines Stückes so getrauert habe. Wenn ich nur ein bisschen eifriger gewesen wäre, wäre das Ergebnis besser geworden. Durch meine Erfahrungen im Theater denke ich, dass ich mehr über mich selber reflektieren kann. Heute ist es zu meiner Gewohnheit geworden, auf die Dinge zurückzublicken, mit denen ich nicht zufrieden war. Aber ich bemitleide mich weniger selbst, wenn ich mich stärker angestrengt habe. SUNOK (21 Jahre alt, aus Hyesan, Yanggang Provinz in Nordkorea) "Warum unterrichten sie so?" fragte ich mich zuerst. Ich kam hierher um zu lernen, dieser Unterricht schien für mich nutzlos. Mit der Zeit begann ich zu verstehen, dass Lernen nicht heißt, nur Bücher auswendig zu lernen. Wenn sich jugendliche Geflüchtete in das südkoreanische Leben integrieren wollen, muss man so viele eigene Erfahrungen machen. Das Schauspielern gab mir Mut und Kraft. Während Interviews sage ich dies oft, aber es fehlte mir die Sicherheit. Das Theater gab mir immer wieder neues Feedback, wodurch ich mein neues Selbstbewusstsein erlangt habe. Falls ich die Gelegenheit bekomme, dies zu wiederholen, würde ich es machen. HYANG OK (25 Jahre alt, aus Chungnum, Oyongan Provinz in Nordkorea) Zweimal trat ich bis jetzt im Theater auf: Letztes Jahr und dieses Jahr. Setnet ist der Ort, der es mir erlaubte, vor dem ganzen Publikum aufzutreten und zu lachen. Als ich nach Südkorea flüchtete, sagte mir jemand, dass ich einen starken Akzent hätte und fragte mich woher ich denn kam. Ich rannte oft vor den Blicken anderer weg, wenn sie auf mein Sprechen aufmerksam wurden. Andere Leute zu treffen, stresste mich sehr, aber ich tat, als ob nichts sei, obwohl mich das in meinem täglichen Leben immer mehr anstrengte. Aber heute kann ich zu Fremden gehen und sie fragen: "Hey, ich komme aus Nordkorea. Weißt du über Nordkorea Bescheid?" Das Schauspielern gab mir Selbstbewusstsein und ein Gefühl der Würde. Je mehr Würde man hat, umso selbstbewusster wird man auch. Und je mehr Selbstbewusstsein man hat, umso weniger Ängste hat man. Sich auf ein Stück vorzubereiten war anstrengend, aber genau durch diesen Prozess bin ich zu dem Mädchen geworden, dass ich heute bin. Ich mag mich, so wie ich bin. 23
NACH DER DEUTSCHLANDREISE BOMHEE (23 Jahre alt, Flucht 2006, seit 2013 in Südkorea): Was hat dich in Deutschland am meisten beeindruckt? Was die Fluchtproblematik betrifft, empfand ich viele Parallelen zwischen Deutschland und Südkorea. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs nahm Deutschland Geflüchtete auf und ein paar von ihnen besuchten sogar unsere Aufführung. Vor allem verstand ich durch das Programm in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung den Blick, wie Menschen im Süden uns aus Nordkorea als Geflüchtete betrachten. Menschen, die über die Grenzen in ein anderes Land fliehen, heißen Geflüchtete. Deshalb hält uns die Gesellschaft in Südkorea für Geflüchtete, obwohl wir dasselbe Volk sind. Ich erfuhr, dass die Deutschen Angst haben, dass die Geflüchteten in ihr Dorf kommen und ihre Arbeitsplätze wegnehmen. Als ich das hörte, erinnerte ich mich an ähnliche Erfahrungen von Freundinnen und Freunden aus Nordkorea, auch wenn mir so etwas nicht direkt passiert war. Was hast du davon erwartet, mit den Freundinnen und Freunden aus dem Süden zusammen Theater zu spielen? Dass wir dieselben Menschen sind. Ich habe erwartet, dass wir in Zukunft untereinander keine Unterschiede mehr empfinden. Wie fühltest du dich, im vereinten Deutschland zu spielen? Ich dachte, wenn Korea erst einmal wiedervereinigt ist, wird alles gut. Nun habe ich erfahren, dass es in Deutschland trotz der Wiedervereinigung vor 25 Jahren immer noch viele Probleme gibt und Irritationen herrschen. Es wird wohl problematisch sein, wenn sich die koreanische Halbinsel wiedervereinigt. Grund dafür sind vor allem die hohen Kosten. Vor der Einheit Deutschlands soll die DDR immerhin zu den reichsten unter den sozialistischen Staaten gezählt haben. Trotzdem entstanden unglaublich hohe Kosten für die Wiedervereinigung. Ich sah auch, dass viele Gebäude immer noch nicht wiederaufgebaut wurden und hörte, dass nach der Wiedervereinigung viele obdachlos und arbeitslos wurden. Der wirtschaftliche und soziale Unterschied zwischen Nord- und Südkorea ist im Vergleich zu Ost- und Westdeutschland viel größer. Deshalb erkannte ich in Deutschland, dass es ein großes Durcheinander und viele Probleme geben wird, wenn sich Korea wiedervereinigt. Beim Deutschlandbesuch wurde mir vieles bewusst. In Korea haben wir die Stücke mit derselben Thematik aufgeführt, aber es kamen nicht so viele Zuschauende. Daher hatte ich keine großen Erwartungen. Warum sollten Menschen in Deutschland, das von Korea so weit weg ist, an unserer Aufführung Anteil nehmen, wenn sich selbst Koreanerinnen und Koreaner nicht für das Thema interessieren? Ich war jedoch von der Reaktion des Publikums wirklich beeindruckt und hoffe, dass sich die Deutschen weiterhin für uns interessieren werden. 24
Möchtest du noch etwas Bestimmtes sagen? Während unserer Aufführung war ich die ganze Zeit voller Dankbarkeit. Ich war so dankbar, dass das Publikum sich für die Probleme auf der koreanischen Halbinsel interessierte. Ich hoffe, dass man sich in Deutschland auch in Zukunft für die Wiedervereinigung zwischen Nord- und Südkorea interessieren wird, obwohl Deutschland schon wiedervereinigt ist. CHULMAN (26 Jahre alt, Fluchtjahr unbekannt, seit 2009 in Südkorea) Meine Reise nach Deutschland In mir entstand beim Stichwort Deutschland ein abneigendes Gefühl. Wenn ich über den Grund nachdenke, dann lag es an der Schulbildung und den Filmen, die ich in Nordkorea gesehen hatte. In der Schule lernte ich, dass Japan und Deutschland den Sozialismus zerstören wollen. Unter den ausländischen Filmen waren die aus Russland (Sowjetunion) oder China am leichtesten zugänglich. In chinesischen Filmen waren es Japaner, in russischen Filmen Deutsche, die als böse Charaktere auftraten. Inhaltlich stellten sie meistens dar, dass die sozialistischen Länder zerstört und Menschen brutal massakriert werden. Nach meiner Ankunft in Südkorea veranlasste mich der Besuch in Deutschland, hautnah zu verspüren, wie schlimm die Erziehung der Gehirnwäsche sein kann und wie stark sie in mir steckte. Die Reise nach Deutschland ließ mich auch auf die Zeit zurückzublicken, in der ich mich durch einen unsichtbaren Zaun eingesperrt fühlte und daran glaubte, einzig das, was ich sah und wahrnahm, alles darstellte und mich für nichts interessiert hatte und mich dennoch glücklich fühlte. Aus Neugierde tat ich mich mit den südkoreanischen Jugendlichen zusammen. Das wurde wiederum zum Anlass die Unterschiede zwischen uns anzuerkennen und uns gegenseitig durch die Proben kennenzulernen. Ohne diesen Prozess war es meiner Meinung nach nicht möglich, dass wir auf den großen Bühnen in Deutschland auftraten. Das könnte der Beginn des Vorbereitungsprozesses für die kommende Wiedervereinigung zwischen Nord- und Südkorea darstellen. Obwohl die südkoreanischen Freundinnen und Freunde auf dieser Reise wesentlich jünger als ich waren, war es für mich doch eine Zeit, in der sie mein Leben noch stärker erweiterten. In der gesamten Zeit in Deutschland war ich dem Publikum sehr dankbar. Es ist zwar abstrakt, doch meiner Meinung nach wird die Wiedervereinigung sowohl ein finanzielles Problem als auch ein großes Chaos bedeuten. Aber das wirklich Wichtige wird wohl das»interesse«für andere sein. Wenn die meisten Menschen an die Wiedervereinigung denken, dann fallen ihnen zuerst die Worte Kosten und Chaos ein. Dieser Gedanke unterscheidet sich von dem Wort»Interesse«. Das Interesse, an das ich denke, unterscheidet sich von dem, wie sich ein Staat für den anderen Staat aufgrund des Gewinns interessiert. Der Beginn des Interesses ist für mich eher dort, wo Menschen sich begegnen können. Dort, wo solche großen und kleinen Interessen zusammenfließen, findet für mich die Wiedervereinigung statt. Da sich viele Zu- 25
schauerinnen und Zuschauer in Deutschland für uns interessierten, kam es mir vor, als wäre der Tag irgendwie vorgerückt, an dem ich meine Mutter, die in Nordkorea zurückblieb, wiedersehen werde. HAEUN (19 Jahre alt, geboren in Südkorea) Als Bürgerin eines der letzten geteilten Staaten der Gegenwart war es für mich eine unglaublich große Ehre, an der Aufführung teilzunehmen, die vom Frieden und der Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel handelt. Es bedeutete für mich auch eine kostbare Zeit in einem Land wie Deutschland, das vor Korea die Teilung und die Vereinigung erreichte, mit unterschiedlichen Gästen über das Theaterstück sprechen zu dürfen. Es kamen sogar noch mehr Zuschauende als in Südkorea und wir hatten die Chance, uns intensiv mit ihnen zu unterhalten. Ich war sehr überrascht, weil ich fühlen konnte, wie sehr sich die Menschen in Deutschland für die Teilung und die Wiedervereinigung Koreas interessieren. Als ich meinem Freundeskreis von einer gemeinsamen Aufführung mit nord- und südkoreanischen Jugendlichen erzählt hatte, empfand dieser es zwar als etwas ungewöhnlich, aber zeigte kein besonderes Interesse. In der Tat hatte auch ich weder Ahnung von, noch Interesse an Nordkorea, bevor ich am Theaterprojekt beteiligt war. Selbstverständlich hatte ich keinerlei Gelegenheit, Menschen aus Nordkorea zu begegnen und sie kennenzulernen. Aus diesem Grund verspüre ich eine große Dankbarkeit gegenüber den deutschen Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich aktiv an der Begegnung und der Kommunikation mit uns beteiligt hatten. Die Vorbereitungsphase für die Aufführung war nicht so einfach (Chulman ist berufstätig, Hyangi wurde schwanger, der Rest hatte Schule, so dass es schwierig war, Zeit für Proben zu finden.) Es gab auch zahlreiche Schwierigkeiten und Konflikte in Deutschland. Trotz diverser Probleme konnten wir durch sorgfältige Vorbereitung und Unterstützung seitens der Beteiligten in Deutschland erfolgreich unsere Aufführungen abschließen. Es gab einige eindrucksvolle Begegnungen. Zunächst fällt mir die sächsische Landeszentrale für politische Bildung ein. Der ursprüngliche Plan war, dass wir uns dort mit Studierenden der Universität Dresden treffen würden. Allerdings gab es eine Demonstration von PEGIDA, wogegen die Studierenden eine Gegendemonstration organisierten, so dass sie unseren Termin absagen mussten. Es war zwar schade für uns, doch wir konnten so mehr über die Landeszentrale selber erfahren. Hier werden keine bestimmten Meinungen über gesellschaftliche Situationen oder Anliegen geboten, sondern Materialien zur Verfügung gestellt, wodurch die Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen Urteile bilden können. Vor allem wird hier eine Plattform (wie Räumlichkeiten für Treffen) geschaffen, auf der verschiedene Menschen zusammenfinden und ihre Gedanken formen können. Aus diesem Grund scheinen die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands die Kraft zu besitzen, selbst ihre Gesellschaft zu verändern und weiter zu entwickeln. Als ich über die Funktion der Landeszentrale für politische Bildung erfahren hatte, dachte ich, dass man in Korea auch solche Institute braucht. 26
Falls jemals die Wiedervereinigung in Korea eintreten sollte, wird ein solches Institut für Menschen aus Nordkorea dringend notwendig sein, die keine Bildung über Demokratie erhielten. Ferner erinnere ich mich an den Besuch bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Sie soll durch das Vermögen der SED, die zu DDR-Zeiten die Monopolstellung hatte, betrieben werden. Ihre Rolle ist es, Menschen, denen durch die Diktatur zu Unrecht Leid zugefügt wurde, zu entschädigen und die politischen Materialien der DDR-Diktatur aufzubewahren und für die Öffentlichkeit aufzubereiten. Durch die vereinte Gesellschaft Deutschlands konnte ich über die Zukunft der Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel nachdenken und ich nutzte die Zeit zu überlegen, was das wiedervereinigte Korea brauchen könnte. Diese besondere Gelegenheit, mit meinen Freundinnen und Freunden aus Nordkorea Deutschland besucht zu haben, wird als eine der unvergesslichsten Erinnerungen in meinem Leben bleiben. Unser Aufenthalt war gefüllt von wunderbaren Begegnungen und wirklich warm und herzlich. Ich konnte Menschen aus Institutionen mit unterschiedlichsten Hintergründen, von Expertinnen und Experten bis zu Bürgerinnen und Bürgern, zuhören und von ihnen lernen, worin der Unterschied in der Teilung und der Vereinigung zwischen Deutschland und Korea besteht, welche Probleme es nach der Wiedervereinigung gab und wie sie gelöst werden könnten. Für mich waren es sehr wertvolle Erfahrungen. NARA (17 Jahre alt, geboren in Südkorea): Was ist dein Eindruck über den Besuch in Deutschland? Durch den Besuch fühlt sich Deutschland nah an, welches mir sehr fern war. Vor allem lernte ich beim Aufbau der Bühne durch das Team des Societaetstheaters trotz sprachlicher Barriere kennen, wie zuvorkommend Menschen in Deutschland sein können. Von großer Bedeutung waren für mich die Aktivitäten mit den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Bühlau in Dresden und die Gelegenheit, sich direkt mit den Gleichaltrigen von Deutschland zu unterhalten. Einmal sind ein paar von uns auf eigene Initiative nach Leipzig gefahren, was auch sehr lustig war. (Nicht alle von uns Setnet waren dabei.) Leipzig ist eine der berühmtesten Städte Deutschlands und wir waren dort ohne dolmetschende Begleitung. In einer fremden Stadt gibt es ja immer ein paar hilflose Momente, gerade deswegen gibt s ja genauso viele lustige Situationen, die mir als unvergessliche Erinnerungen bleiben werden. Am letzten Tag in Dresden sind wir zum Burger essen gegangen. Die Pommes frites und das Bier waren unvergesslich. Ich kann mich zwar nicht an den Namen des Ladens erinnern, aber ich bedanke mich bei denjenigen, die uns dort hingeführt haben. Nun möchte ich mich nach Berlin wenden! Jawohl, Berlin war eindeutig eine Großstadt. Berlin schien mir eine Stadt zu sein, in der sich auch Menschen aus dem Ausland wohlfühlen können. Eine Stadt voller Freiheit! Ich erinnere mich noch ganz genau an den Augenblick, als wir am Institut der Koreastudien an der Freien Universität in Berlin 27
vorbeiliefen. Ich würde es so gerne nochmals besuchen, denn meine Neugierde ist nun noch größer geworden als damals, was man wohl dort studiert. Am Institut traf ich damals die Studierenden, die sehr gut Koreanisch sprachen, was mich sehr überraschte, und ich war gleichzeitig dankbar über die Tatsache, dass sie Koreanisch lernten. Ich möchte sie gerne wiedersehen. Oh ja.. in den gesamten zwei Wochen gab es keinen Moment, in welchem mein Herz nicht raste. Der Besuch in Deutschland bot mir den Anlass, noch größer zu träumen. Alleine die Leute! und das Bier! von Deutschland genügten mir, mich vollkommen glücklich zu machen. Wie waren deine Erfahrungen mit nordkoreanischen Jugendlichen zusammen Theater zu spielen? Mein Vorurteil ist nun verschwunden, dass man vor nordkoreanischen Geflüchteten Angst haben müsste. Es war sehr wertvoll, Nordkorea nicht allein über Nachrichten im Fernsehen kennenzulernen, sondern auch über den Alltag von einfachen Leuten. Besonders ist mir das gewöhnliche Miteinander in schöner Erinnerung geblieben, indem ich mich mit Leuten aus Nordkorea, die wir sonst nicht frei treffen dürfen, obwohl wir ein Volk sind, sechs Monate lang unterhalten, mit ihnen gemeinsam essen und Spaß haben konnte! Wie war dein Eindruck, in dem vereinigten Deutschland zu spielen? Ich wollte den Deutschen gerne zeigen, dass wir uns durch kleine und große Bewegungen um die Wiedervereinigung wie in Deutschland bemühen. Ich spüre große Zufriedenheit, dass uns das gelungen ist. HYANGI (26 Jahre alt, Flucht 2008, seit 2011 in Südkorea): Was war dein Eindruck von deiner Reise nach Deutschland? Vor ein paar Jahren besuchte ich Japan. Dabei erwartete ich innerlich, dass Japan sich von dem, was ich in Nordkorea gelernt hatte, unterscheiden würde, und gar kein so schlechtes Land wäre. Aber die Menschen enttäuschten mich doch mehr, als ich mir vorgestellt hatte. Ich wunderte mich sehr, dass die Schulen nichts über die Gräueltaten unterrichteten, die während der 36-jährigen Besatzungszeit auf der koreanischen Halbinsel verübt wurden. Noch überraschter war ich, dass man in Japan nichts davon wissen wollte. Die einzelnen Menschen in Japan waren wirklich freundlich und zuvorkommend, aber ich fragte mich, warum sie sich für diese Geschichte nicht interessierten oder ob sie sich nicht interessieren durften. Deshalb wollte ich unbedingt einmal auch nach Deutschland. Davor dachte ich aber zunächst, dass Deutschland kein gutes Land und genauso wie Japan wäre, denn ich lernte in Nordkorea auch über Deutschland und über die schlimmen Nazi-Verbrechen der Vergangenheit. Als ich jedoch selbst in Deutschland ankam, war ich total überrascht und fragte mich, wie es nur möglich ist, dass in einem derartig bösen Staat solche guten Menschen leben. Natürlich habe ich nicht alle Deutschen kennengelernt, aber alle, die ich kennenlernen konnte, waren gute Men- 28
schen. Sie waren voller Leidenschaft, standen mitten im Leben und wussten vor allem von der Bedeutung der Liebe. Mein Deutschlandbesuch wurde zum Wendepunkt meines Lebens. Davor glaubte ich, dass Geld alles für mich im Leben bedeutete. Aber als wir die Jugendlichen in Deutschland trafen, schämte ich mich ein wenig vor ihnen. Denn schon in ihrem Teenageralter stellten sie uns viele Fragen, diskutierten mit uns und machten sich Gedanken über die Vergangenheit und Zukunft und teilten im gegenseitigen Respekt ihre Meinungen. Da fragte ich mich selbst, woran ich als Mittzwanzigerin bis jetzt in meinem Leben gedacht hatte. Und ich schwor mir: Das Leben kann sich trotz Reichtum leer anfühlen, deshalb ist für mich ein Leben wichtiger, in dem ich alles mit anderen teile, auch wenn es arm ist. Wie war es für dich, mit südkoreanischen Freundinnen und Freunden zusammen zu spielen? Während wir gemeinsam spielten, hoffte ich, dass nicht nur die südkoreanischen Freundinnen und Freunde, sondern überhaupt alle in Südkorea uns aus einem anderen Blickwinkel sehen können. Ich hoffte, dass sie uns nicht bemitleidend anschauen, als seien wir bitterarm und würden hungern oder als seien wir Außerirdische. Ich hoffte, dass sie erkennen, dass wir zu einem Volk gehören, welches dieselbe Sprache und dieselbe Schrift nutzt. Statt uns mit einem Blick anzusehen, als seien wir sonderlich, wünschte ich mir, dass sie uns zuerst zuhören, worüber wir sprechen. Deutschen auf uns reagieren würden und wie ich antworten sollte, wenn das Publikum nach der Aufführung begeisternd etwas über die Wiedervereinigung zwischen Nord- und Südkorea erfahren wollte. In Südkorea gibt es viele Menschen, die sich fragen, ob überhaupt die Wiedervereinigung nötig sei, da man ja sonst noch mehr Steuern zahlen müsste. Nach der mir bekannten Statistik heißt es, dass 60 von 100 Befragten gegen die Wiedervereinigung sind. Wenn weiterhin das Interesse an der Wiedervereinigung verschwindet, werden höchstwahrscheinlich in Zukunft fast alle 100 Befragten in Südkorea dagegen sein. Wenn uns das deutsche Publikum also nach der Wiedervereinigung der beiden Koreas fragt, wäre es mir so peinlich gewesen, offen darüber zu sprechen. Jedoch sind nun all meine Sorgen verschwunden und das vereinigte Deutschland gab mir dazu die Hoffnung, denn es schenkte mir die Erkenntnis, dass es viel schöner ist, wenn man zusammenlebt, als alleine zu leben und dass man glücklicher ist, wenn man Trauer und Freude miteinander teilt. Ich gewann auch die Zuversicht, dass es uns als einer Nation mit einer gemeinsamen fünftausendjährigen Geschichte nach der Wiedervereinigung besser ergehen wird, genauso wie es dem vereinigten Deutschland ergeht. Deshalb möchte ich mich um [die Wiedervereinigung] bemühen. Damit der Tag noch schneller kommt, an dem ich meine Eltern wiedersehen kann... Ich bedanke mich bei dem deutschen Publikum dafür, mich bei diesem Prozess begleitet zu haben! Wie war dein Eindruck in Deutschland aufzutreten? Bevor ich in das vereinigte Deutschland reiste, hatte ich ein wenig Angst davor, wie die 29
HEEWON (15 Jahre alt, geboren in U.K. und aufgewachsen in Südkorea) Letztes Jahr verbrachte ich Ende November bis Anfang Dezember in Deutschland. In dieser Zeit sammelte ich wirklich wunderbare Erfahrungen. Nach der ersten Aufführung in Dresden war ich so beeindruckt, dass ich sogar daran dachte:»wie schön wäre es, wenn ich einfach so weiterleben könnte!«am stärksten bildete sich in mir das Gefühl der Dankbarkeit für diese Chance, in Deutschland zu sein, wenn ich verschiedenen Menschen begegnete. Es war zwar schön, das Theater aufzuführen, aber noch schöner war es, als ich großartige Menschen treffen und sie kennenlernen durfte. In Deutschland dachte ich sehr intensiv über die Teilung des Staates und über die Wiedervereinigung nach, wodurch sich mein Blick erweiterte. Schließlich denke ich, dass es eine solche Chance kaum ein zweites Mal geben wird. Daher bin ich sehr dankbar für die Zeit in Deutschland. 30
GESAMMELTE EINDRÜCKE in koreanischer Sprache 봄희 (23 세, 2006 년탈북, 2013 년부터남한에서거주 ) 독일에서느꼈던점? 독일이한국과난민문제에있어서많이비슷하다고느꼈다. 독일에서당시난민을수용하고있었고, 난민들도우리공연에참석했었다. 특히삭센주시민정치교육원프로그램을통해남한사람이북한사람을난민이라고보는시선을이해하게되었다. 난민이란국경을넘어서다른나라로오는사람들이라, 한국사람들이우리가같은민족이지만우리를난민으로바라보게되는것을알게되었다. 독일사람들이난민들이자기마을에와서자기들의일자리를빼앗을것을두려워한다고들었다. 그때내가직접당한것은아니지만선배들이비숫한경험에대해해준것이기억되었다. 남한친구들과함께공연하면서바랬던것은? 우리가똑같은사람이라는것. 서로에대해앞으로차이가없다고느끼게되는것을바랬다. 통일된독일에서공연하면서느꼈던것은? 저는통일만되면무조건좋은줄만알았어요. 그런데통일이된지 25년이지난독일이아직도여러가지어려움과혼란을겪고있는것을보고한반도가통일이된다고해서마냥좋지만않을것이란것을느꼈어요. 그이유는무엇보다도통일비용이라고생각해요. 통일이되기전에동독이사회주의국가들중에서가장부유한나라였음에도불구하고통일이된후엄청난비용이들었고, 아직도많은건물들이재건하지못한채남아있는걸보았어요. 하지만북한과남한의경제와문화차이는동, 서독시대와비교할수없을만큼뒤떨어져있기때문에통일이되면엄청난혼란을겪에될거라는것을독일에서가서깨달았어요. 독일은통일된후에노숙자나실업자가많이생겼다고들었다. 통일이되면문제가많아지겠구나하고생각되었다. 한국도통일이되면문제가많이생길까하는걱정이되었다. 물론한반도가통일되는것을바란다. 이번에독일가서참많은것을깨달았어요. 한국에서도똑같은주제로공연을했었는데관객이별로없었어요. 그래서독일공연을그렇게기대하지않았어요. 왜냐면한반도통일에대해한국사람들도관심없는데지구반대편에있는나라가무슨관심을가지고우리공연을보러오겠나싶어서요. 그런데관객들의반응에감동받았었어요. 앞으로도이렇게죽관심을가져주셨으면좋겠어요. 31
특별히하고싶은말이있다면? 공연하면서내내고마운마음이었다. 관객들이한반도문제에관심을가져주는것이너무고마웠다. 독일자 신의나라는이미통일이되었지만, 앞으로도남북한의통일에관심을가져주기를바랬다. 이철만 (26 세, 탈북시기는비밀이며, 2009 년부터남한에서거주하고있음 ) 독일후기나에게독일 ( 도이췰란드 ) 하면거부감이생겼었다. 왠지생각해보니북한에서받은교육, 영화등이원인이었다. 학교에서는사회주의를파괴하려는곳이일본과독일이라고배웠다. 북한에서편하게접할수있는외국영화는러시아 ( 소련 ), 중국영화였다. 중국영화에서는일본, 러시아영화에서는독일이나쁜놈들로많이등장했다. 영화의내용은사회주의국가들을파괴하고사람들을무참히학살하는내용이었다. 한국에온후이번독일방문은북한에서의세뇌교육이얼마나나쁜지또그세뇌교육이내안에크게자리잡고있었다는것을실감하는계기가되었다. 보이지않는울타리안에갇혀살면서내가보고느낀것들이전부라고믿으면서다른것에대해관심조차가져보지못했던시간과또그안에서행복했던시간들을돌아보는시간이되었다. 남한청소년들과함께할수있었던것도관심에서시작되었다. 관심으로시작되어다름을인정하고공연연습을통해서로를알아가는계기가되었다. 이런과정들이있었기에독일이라는큰무대에서공연할수있었다고생각한다. 이런시작이다가올남북통일준비과정이아닐까라는생각을해본다. 이번여행에함께했던남한친구들비록나보다나이는어리지만그들을통해내삶을조금더확장해가는시간이었다. 독일공연을하는내내관객들에게고마운마음이들었다. 추상적이라고생각할수있지만내개인적인생각으로는통일문제가금전적인문제도있고, 또혼란에문제도있다. 하지만진짜중요한것은 관심 이아닐까라는생각이든다. 대부분사람들은통일에대해서생각을머리에떠올리면먼저돈 ( 세금 ), 다음은혼란을말한다. 생각과관심은다른단어다. 내가생각하는관심은국가와국가가서로의이익을위해서가지는관심이아니라사람과사람이만날수있는곳이관심의시작이라고생각한다. 그런크고작은관심이모이는곳그런것이통일이라고생각한다. 그런면에서많은독일관객들이관심을보여주므로인해왠지고향에계시는어머니를만날날이앞당겨진느낌이었다. 혜원 (15 세, 영국에서태어나한국에서자라고있음 ) 작년 11 월말에서 12 월초까지독일에있던시간은정말좋은경험이였습니다. 드레스덴에서첫공연을마쳤을때저는 아, 앞으로이렇게살수있다면얼마나좋을까 라생각했을정도로감동 을느꼈습니다. 32
제가독일에서지낼수있는기회가주어진것에가장감사하다고느꼈을때는여러사람들을만났을때입니다. 공연을할때도좋았지만더좋았을때는좋은분들을만나고배웠을때입니다독일에서공연하면서저는분단국가에대해, 그리고통일에대해깊은생각을할수있었고전보다더넓은시야를가질수있게되었다고느꼈습니다. 마지막으로이런기회는앞으로도없을것같고정말감사한일이라고생각합니다. 해은 (19 세, 남한에서태어났음 ) 이시대의마지막남은분단국가인대한민국국민으로서한반도의평화와통일을기원하는공연을하게된것은저에게너무나도영광스러운일이었습니다. 더욱이우리보다앞서분단과통일을경험한독일에서, 다양한관객분들을모시고공연을통해소통하는시간들은정말귀한시간이었습니다. 오히려한국에서보다도더많은관객분들이오셨고, 많은대화들을나누었습니다. 독일사람들이한국의분단과통일에대해서더많은관심을가지고있다는것이느껴져서놀랐습니다. 한국에서친구들에게남북합작공연을한다고했을때조금신기하게여길뿐, 별다른관심을보이지않았던것이생각났습니다. 사싱저도이공연에참여하기전까지는북한에대해무지하고관심도없던사람이었습니다. 물론북한사람들을만나고경험할기회가없었던것때문이었지만지금생각해보면부끄러움을느낍니다. 그렇기때문에만남과소통의자리에적극참여해주시고관심을가져주신독일시민분들께감사하는마음을가지고있습니다. 33
공연을준비하는과정도쉽지는않았지만 ( 철만이오빠는직장을다녔고, 향이언니는임신을했고, 나머지분들은학교를다니느라연습시간을갖는데에많은어려움이있었습니다.) 공연을위해독일에가서도많은어려움과갈등들이있었습니다. 그러나독일측관계자분들이섬세하게배려해주시고챙겨주셔서이런저런어려움들중에도잘공연을마칠수있었던것같습니다. 독일에서인상깊었던것이몇가지있습니다. 먼저드레스덴시민교육연구소가생각이납니다. 이곳은원래드레스덴대학생들을만나기위해갔던곳인데요. 그때대학생들이피기다시위에참여하느라약속을펑크내게되었습니다. 하지만그때문에오히려드레스덴시민교육연구소에대해서얘기를들을수있었습니다. 시민교육연구소에는사회적상황이나이슈들에대해서어떤의견을제공하는것이아니라자료를제공함으로서시민들이자신의견해를가질수있도록하고그렇게모인여러사람들이토론하며생각을발전시켜나갈장 ( 장소, 자리, 모임 ) 을마련해준다고했습니다. 그래서그런지독일의시민들은시민들스스로사회를변화시키고만들어나가는힘이있는것같습니다. 시민교육연구소에대해서들으며한국에도이런기관이필요하다고생각했습니다. 혹시나통일이되게되면민주주의교육을받지못한북한사람들에게는반드시이런기관이필요할것입니다. 또독재청산기구 ( 정확한명칭은기억나지않지만 ) 에갔던것이기억납니다. 이기구는구동독의권력을독점하고있었던당의재산으로운영이되며, 독재로인해부당하게. 피해를입었던사람들을보상하고, 구동독의독재정치자료를보관하고알리는역할늘한다고했습니다. 통일된독일사회를통해저는한반도의통일미래를상상하며어떤것들이통일한국에필요할까생각해보는시간들을가졌습니다. 34
이특별한기회를통해북한언니오빠들과독일을방문했던일은제인생에잊을수없는추억으로자리잡았습니다. 좋은만남이가득했고, 참따뜻했습니다. 독일의분단과통일이우리나라와는어떤점에서다른지, 통일후에는어떤문제들이있으며어떻게해결해나가고있는지, 전문기관과시민들여러각층의다양한사람들에게듣고배우는좋은경험들을했습니다. 금향 (26 세, 2008 년에탈북하여 2011 년부터한국에서거주하고있음 ) 이번독일방문에서느낀점은? 몇해전일본을다녀왔다. 일본은내가북한에서배운것과는다르겠지, 북한에서말하는것처럼그렇게나쁜나라는아니겠지마음속으로기대하며갔다. 하지만내가본그들은상상이상으로나에게실망감을주었다. 36 년간우리나라가일본인들에게강점당했던내용과그들이저지른만행에대해서는전혀배우지도않으며알려고조차하지않는다는사실에나는놀랐다. 일본의개개인은정말로친절하고자상한데이런역사에는전혀관심이없는지아니면가지면안되는지가궁금했고또그래서독일이라는나라도꼭한번은가보고싶었다. 독일에가기전에는독일이좋은나라라고생각하지않았다. 역시나나쁜놈들인일본이나독일이나마찬가지겠지. 북한에서독일에대해배운것도있었고독일의과거나치의만행에대해알고있었기때문이다. 그런데직접독일에가서놀라왔던것은어떻게그런나쁜나라에서이런좋은사람들이태어날수있지? 의문이들었다, 독일사람전부를본것은아니다. 하지만내가만났던독일사람들은좋은분들이었다. 그들은열정적이고적극적이며사랑을아는사람들이었다. 35
독일방문은내인생의전환점이되었다. 독일에가기전에는돈만있으면세상부러울게없다고생각했는데, 이번방문은특히독일청소년들을만나고나서나에게부끄러움을가지게되었다. 10대의그들은수많은질문과토론, 의견과존중, 과거와미래에대해나누고고민하는데 20대인나는도대체무슨생각을하며살고있었는지나자신에게질문을하며이런다짐을했다. 많이가지고있어도텅빈그런삶이아닌비어있어도나눌수있는삶이중요한것이라고 남한친구들과함께공연하면서느꼈던것은? 함께부딪히며공연하면서남한친구들뿐만아니라남한사람들이우리를이렇게바라봐줬으면하는바람이있었다. 정말못먹고살아서불쌍하게생각해서바라보는동정의눈길보다는북한사람도외계인이아닌같은사람이며같은말과글을쓰는한민족이였네라고느끼는것, 어떤사람인가신기한눈길로바라보지말고관심갖고, 무슨이야기를하는지귀기울여주었으면하는바람이었다. 통일된독일에서공연을했던느낌? 통일된독일에가지전에두려움이있었다. 그들은어떤눈으로우리를봐라볼까? 독일에서공연이끝나고관객들이열정적으로남북한통일에대해알고싶어했을때어떻게대답을해야할까두려웠다. 남한에서는통일을왜해야하지통일을하면세금만더내는데라고생각하는사람들이많다. 내가알고있는통계에따르면 100분의 60은통일을반대한다고들었다. 앞으로계속지금처럼관심이끊어지면아예통일을하지말아야된다고생각하는사람들이거의 100일가능성이높은한국인데독일인들이통일에대해물어보면그렇다고말하기가창피하기때문에고민이많았다. 하지만그런고민들은사라지고통일된독일은나에게희망을주었다. 혼자사는것보다함께살면더재미있고, 슬픔도기쁨도함께하면가볍고행복하다는것을알게해주었다. 또한우리는오천년의유구한역사를자랑하는한민족인데통일된독일처럼우리도통일을하면독일보다시간이좀걸리겠지만더잘살수있지않을까하는믿음도생겼다. 그리하여나는더노력하려한다. 고향에계신부모님을빨리만나는날을위해서... 그과정에함께해준독일관객들에게감사의인사를드린다. 나라 (17 세, 한국에서태어났음 ) 이번독일방문에서인상깊었던것은? 독일이라는먼나라가이번방문을통해매우가까워졌습니다. 특히드레스덴공연당시무대셋팅을도와준 SOCIETAETS극장스텝분들과언어가통하지않았음에도불구하고, 독일아저씨가얼마나친절한지를알게되었습니다. 그외에도드레스덴에서만난귐나지움고등학교학생들과한활동들. 독일의또래들의이야기를직접듣는다는것은매우의미깊었습니다. 36
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셋넷자체일정중라히프치히에갔었던일도매우재밌었습니다 ( 다같이간것은아니지만 ). 독일의유명한도시 중하나인라이프치히를통역사와동행하지않고갔었는데, 낯선곳에서당황스러운순간이좀있었지만그만큼 웃긴상황도많이있었기에라이프치히에서도좋은추억하나얻었습니다. 그리고드레스덴마지막날햄버거집을갔었는데, 그햄버거집에서먹었던감자튀김과맥주는결코잊지못할환상적인맛이었습니다. 햄버거집이름은기억나지않지만저희를그곳으로데려다준분들에게정말감사드립니다. 베를린으로가볼까요, 베를린은확실히도시다운모습을보여주었고, 베를린은외국인이살기에매우좋다는인상을받았습니다. 자유로운베를린! 저는베를린에서특히베를린자유대학의한국학관앞을지나간것이아직도기억에남습니다. 다시한번더가보고싶은베를린자유대학한국학관, 그곳에서는무엇을배우는지더욱관심이생겼습니다. 재학중인독일학생을만났고그들이한국어를정말잘해서매우놀랐고한국어를배운다는사실에너무감사했습니다. 또다시그학생분들을만나고싶습니다. 하.. 독일에머물렀던 2주동안단한순간도심장을뛰지않은적이없을만큼독일은저에게큰꿈을꾸게하는계기를마련해주었습니다. 독일은, ' 사람들 '! 그리고 ' 맥주 '! 이두가지로도저를충분히행복하게해주었습니다. 탈북청소년과함께연극을하게되어얻은것은? 탈북자는무서울것이라는편견을없애주었다. 뉴스에서만보던북한소식말고, 북한서민들의평소생활모습을알게된것이저에게매우소중하게다가왔습니다. 그무엇보다도, 한민족이지만자유롭게만날수없는북한사람과함께 6개월동안대화하고, 밥먹고, 자고, 떠들고했던평범한일상이가장아름다운추억으로남습니다. 통일된독일에서연극을한것은어떤느낌? 독일사람들에게한반도에서도독일처럼통일된국가가되기위해서크고작은움직임이있고, 노력하고있다는것 을보여주고싶었는데, 잘표현된거같아뿌듯합니다. 39
NO NATION NO HOME? Theater als Identitätsarbeit und Zukunftsentwurf von Kien Nghi Ha (Autor und Politologe; 1979 Flucht mit den Eltern im Alter von 9 Jahren aus Vietanm in die BRD) Das Ensemble des Setnet-Theaters ist jung. Die meisten sind in Nordkorea geboren und sind als Jugendliche oder junge Erwachsene auf einer abenteuerlichen Flucht zunächst nach China und dann über andere asiatische Drittländer nach Südkorea eingereist. Einige sind aber auch in Südkorea oder im Ausland zur Welt gekommen. Das jüngste Ensemblemitglied wurde in England geboren. Theaterarbeit ist für sie eine Kunstform um sich mit Identitätsfragen auseinanderzusetzen. In der Inszenierung werden Bilder und Episoden entworfen, die die eigenen Erfahrungen mit Krieg, Flucht und Staatenteilung auf der koreanischen Halbinsel verbinden. So werden in den Szenen»Ein ungebetener Gast - Freut ihr euch nicht?«und»trauma (Ein Alptraum) - Die Blüten fallen, aber die Blume bleibt!«diese zentralen Einschnitte in der jüngeren Geschichte und die widersprüchlichen Auswirkungen auf die Vorstellung einer einheitlichen koreanischen Nationalidentität thematisiert. Angesichts der Spaltung der Nation erscheinen Vorstellungen der kulturellen Homogenität und erblichen Volkszugehörigkeit umso zerbrechlicher und imaginärer. Das erleben besonders nordkoreanische Migrantinnen und Migranten in Südkorea, da sie als nationale Minderheit betrachtet werden und sich Diskriminierung und Vorurteilen ausgesetzt sehen. Vor diesem Hintergrund zeigt der Kurzfilm»One-way Ticket«von Kim Gun, dass die nordkoreanische Auswanderung aus Südkorea als Reaktion auf fortlaufende Ausgrenzungen verstanden werden kann. Die Flucht ins Ausland, weil die Gegenwart in beiden Teilen Koreas als untragbare Zumutung erlebt wird, deutet darauf hin, dass der Traum von der nationalen Einheit nicht notwendigerweise eine Lösung darstellt, sondern auch Konflikte und Leid produziert. In diesem Fall wird das Leben im Exil als Ausweg aus einer verfahrenen gesellschaftlichen Situation angesehen. Die Frage bleibt, ob sich diese Transmigrierenden tatsächlich woanders ein neues Zuhause aufbauen können. Mit dem Weiterziehen der Geflüchteten aus Nord- und Südkorea wird die koreanische Gemeinschaft transnational. Ihre Transmigration verbindet sie mit dem bestehenden globalen Netzwerk der koreanischen Diaspora in den USA, Kanada, Japan, China, Australien oder auch Deutschland. Diese ist südkoreanisch dominiert, so dass auch hier die Möglichkeit besteht, dass sich innerhalb der Diaspora innerkoreanische Konflikt- und Problemmuster reproduzieren und diese transnationalen Orte sich in ein ungemütliches»abroad at home«verwandeln. 40
PRESSESPIEGEL Deutschsprachig Kulturkalender Dresden: Vor dem Stacheldraht Societaetstheater. http://www.kulturkalender-dresden.de/ veranstaltung/vor-dem-stacheldraht, 25.11.2015. Kulturkurier: Vor dem Stacheldraht Setnet Theater Korea. Internationales Gastspiel. http://www.kulturkurier.de/ veranstaltung_441200.html. 25.11.2015. Lill, Felix:»Gelobtes Land«. In: Rheinpfalz am Sonntag, 29.11.2015. Taz Bewegung: Theater Setnet: Performance am Pariser Platz http://bewegung.taz.de/termine/theatersetnet-performance-am-pariser-platz, 2.12.2015. Technische Universität Dresden: Koreanisches Theater mit nonverbaler Performance. In: Dresdner Universitätsjournal (19), 1.12.2015. Koreanischsprachig 셋넷학교언론보도관련자료모음 원주일보 (Wonju News) (2015): 셋넷학교 청소년하모니. 05.11.2015. http://www.kwnews.co.kr/nview.asp?s=501&aid=215110400082 VOA Korea (2015): [ 인터뷰 : 탈북청소년대안학교 셋넷학교 박상영대표 ] 탈북학생들, 독일서한반도평화통일기원공연. 06.11.2015. http://www.voakorea.com/a/3041849.html 연합뉴스 (Yonhap News) (2015): 탈북청소년들, 독일서 한반도평화, 통일기원 공연. 06.11.2015. http://www.yonhapnews.co.kr/bulle- tin/2015/11/05/0200000000a- KR20151105153400014.HTML?input=1195m PBC News (2015): [ 인터뷰 ] 박상영 탈북청소년독일공연, 한반도평화통일기원. 12.11.2015. http://www.pbc.co.kr/cms/news/view_body. php?cid=603337&path=201511 강원도민일보 (Kangwondomin News) (2015): 븍한출신청소년 몸짓 으로통일염원 원주셋넷학교, 지역고교생들과원주 - 서울 - 독일서무언극. 13.11.2015. http://www.kado.net/news/articleview.html?idxno=755958 중앙일보 (JoongAng News) (2015): 남북한학생들, 베를린장벽서합동공연. 4.11.2015. http://news.joins.com/article/19122370 동양일보 (DongYang News) (2015): 탈북청소년들, 베를린장벽앞서 통일염원 퍼포먼스. 02.12.2015. http://www.dynews.co.kr/news/articleview. html?idxno=288808 연합뉴스 (Yonhap News) (2015): 탈북청소년들, 베를린장벽앞서 통일염원 퍼포먼스. 02.12.2015. http://www.yonhapnews.co.kr/bulle- tin/2015/12/02/0200000000a- KR20151202004700082.HTML 한겨레 (The hankyoreh) (2015): 통일의땅에서부른 탈북청소년의노래. 06.12.2015. http://www.hani.co.kr/arti/politics/defense/720588.html 노컷뉴스 (Nocut News) (2016): 유연한시선이주는선물 통일. 26.02.2016. http://www.nocutnews.co.kr/news/4553532 41
PROGRAMM DRESDEN Korea in Dresden Begegnung mit einem geteilten Land MO 23. NOVEMBER Im Foyer des Societätstheaters, Dreikönigskirche 1A, 01097 Dresden, www.societaetstheater.de Korea in Dresden Begegnung mit einem geteilten Land. Das Theater Setnet in Dresden 11:00 Uhr Pressekonferenz Andreas Nattermann, Intendant des Societaetstheaters Nataly Jung-Hwa Han, Vorstandsvorsitzende des Korea Verbandes, Berlin Uljana Sieber, Leiterin der Gedenkstätte Bautzner Straße Park Sang-Young, Direktor und Regisseur des Theater Setnet MI 25. NOVEMBER Theater Setnet besucht das Theater junge Generation, Meißner Landstr. 4, 01157 Dresden, www.tjg-dresden.de 10:00-11:15 Theaterführung durch das Theater junge Generation (tjg) mit Maike Döschner (Theaterpädagogin) 11.30-12:30 Probenbesuch fuchs & freund. Musikalisches Live-Hörspiel mit Julia Kuzminska (Theaterpädagogin) und Ulrike Carl (Assistentin der Intendantin) MI 25. NOVEMBER + DO 26. NOVEMBER Societätstheater, Dreikönigskirche 1A, 01097 Dresden, www.societaetstheater.de 20:00 Uhr Theater Setnet: Vor dem Stacheldraht...Duett für eine Stimme Nonverbale Performance für den Frieden und die Wiedervereinigung beider Koreas. Gespielt von Jugendlichen, die aus Nordkorea geflüchtet sind. 42
FR 27. NOVEMBER Gymnasium Dresden-Bühlau, Quohrener Str. 12, 01324 Dresden 11:00-15:00 Uhr Meine? Deine? Unsere Geschichte - Leben und Aufwachsen mit Diktatur. Die jugendlichen Schauspieler*innen des Theater Setnet sprechen mit Schüler*innen. SA 28. NOVEMBER Gedenkstätte Bautzener Straße, Bautzener Str. 112a, 01099 Dresden, www.bautzner-strasse-dresden.de 13:30-20:00 Thementag Korea: Meine? Deine? Unsere Geschichte - Leben und Aufwachsen mit Diktatur Kooperationsveranstaltung mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung und dem Gymnasium Dresden-Bühlau Mit Uljana Sieber (Gedenkstätte Bautzner Straße) und Sabine Kirst (Sächsische Landeszentrale für politische Bildung) Korea für Anfänger - Landeskunde Nord- und Südkorea Christian Eichardt, wiss. M.A. TU Dresden, Lehrstuhl politische Systeme/ Systemvergleich Erzähl mir deine Geschichte Schüler*innen präsentieren ihre Arbeiten Koreanische und sächsische Jugendliche präsentieren eigene Arbeiten zu den Themen Jugend in Demokratie und Diktatur, Leben im geteilten Land, Flucht, Integration, die im Vorfeld und während einer gemeinsamen Begegnung entstanden sind. Einigkeit und Recht und Freiheit - Vorbild Deutschland? Vortrag + Diskussion mit Sebastian Trept, wiss. MA TU Dresden, Inst. für Politikwissenschaft MO 30. NOVEMBER Landeszentrale für Politische Bildung in Sachsen, Schützenhofstraße 35, 01129 Dresden, www.slpb.de 19:00-21:00 Uhr Aufwachsen in einer Diktatur, Gespräche mit Studierenden der TU-Dresden 43
PROGRAMM BERLIN Theater Setnet in einer vereinten Stadt Berlin DI 1. DEZEMBER Mauerstreifen südlich der Gedenkstätte, Bernauer Str. (gegenüber dem Diakonie-Gebäude mit der Hausnummer 115), 13355 Berlin 14:00-14.20 Uhr Theater Setnet: Performance zur Einheit 1. Pantomime mit Musik 2. Lied, begleitet von einer koreanischen Kugelflöte 3. Lesung auf Koreanisch und Deutsch 4. Kurz-Musical DI 1. DEZEMBER Picoteo, Erkelenzdamm 47 10999 Berlin, www.picoteo.de 19.30 Uhr Gespräch mit der 3. Generation Ost, www.netzwerk.dritte-generation-ost.de MI 2. DEZEMBER Ort: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur, Kronenstr. 5, 10117 Berlin, www.bundesstiftung-aufarbeitung.de 11:00 Uhr Pressekonferenz 25 Jahre Deutsche Einheit und Korea ist immer noch geteilt Dr. Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur Nataly Jung-Hwa Han, Vorstandsvorsitzende des Korea Verbandes, Berlin Park Sang-Young, Direktor und Regisseur des Setnet Theaters 44
MI 2. DEZEMBER Brandenburger Tor, Pariser Platz, 10117 Berlin 14:00-14.20 Uhr Theater Setnet: Performance zur Einheit 1 Pantomime mit Musik 2. Lied, begleitet von einer koreanischen Kugelflöte 3. Lesung auf Koreanisch und Deutsch 4. Kurz-Musical DO 3. DEZEMBER Private Kantschule, Lentzeallee 10, 14195 Berlin Dahlem 8.45-10:00 Uhr Gesprächsrunde zu Flucht und Migration mit Schüler*innen FR 4. DEZEMBER Werkstatt der Kulturen, Wissmannstr. 32, 12049 Berlin Neukölln, www.werkstatt-der-kulturen.de 13:00 Uhr Jugendvorstellung 20:00 Uhr Theater Setnet: Vor dem Stacheldraht...Duett für eine Stimme Nonverbale Performance für den Frieden und die Wiedervereinigung beider Koreas. Gespielt von Jugendlichen, die aus Nordkorea geflüchtet sind. 45
VERANSTALTER: Der Korea Verband ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der 1990 durch Engagierte aus Korea und Deutschland zur Unterstützung der Demokratisierung in Südkorea gegründet wurde. Der Verband ist Gründungsmitglied der Stiftung Asienhaus, mit Sitz in Köln. Auf Grundlage der Menschen- und Bürger*innenrechte kooperiert er mit zahlreichen Nicht-Regierungsorganisationen und führt mithilfe der Zivilgesellschaft vielseitige Projekte auf globaler Ebene, über Deutschland und Europa hinaus, durch. FÖRDERNDE & PARTNER: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Gedenkstätte Bautzner Straße, Landeshauptstadt Dresden, Misereor e.v., Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Sächsische Staatskanzlei, Societaetstheater, Werkstatt der Kulturen (WdK) KONTAKT Korea-Verband e.v., Rostocker Str. 33, 10553 Berlin, 030-3980 5984, mail@koreaverband.de www.koreaverband.de KOREA VERBA N D LB Sächsische Landeszentrale für politische Bildung 46